Interview mit Prof. Mester: Perspektiven für die deutsche Sportwissenschaft

Gespeichert in:
Bibliographische Detailangaben
Autor:Mester, Joachim
Erschienen in:Ze-phir
Veröffentlicht:10 (2003), 1 (Aktuelle Stellenentwicklung an sportwissenschaftlichen Einrichtungen in Deutschland), S. 44-51
Format: Literatur (SPOLIT)
Publikationstyp: Zeitschriftenartikel
Medienart: Gedruckte Ressource Elektronische Ressource (online)
Sprache:Deutsch
ISSN:1438-4132, 1617-4895
Schlagworte:
Online Zugang:
Erfassungsnummer:PU201008006587
Quelle:BISp

Abstract

Laut Joachim Mester, seit 1986 Professor für Trainingswissenschaften an der Deutschen Sporthochschule, ehemaliger und Rektor der DSHS Köln und Präsident des European College of Sport Science, wird es in der Sportwissenschaft einen Trend zu einer geringeren Anzahl von Dauerstellen und zu mehr Zeitverträge geben. Irgendwann wird es Mester zufolge auch keine Beamten im traditionellen Sinn im Hochschulbereich mehr geben. Das hat auch eine ganze Reihe von Konsequenzen für den Nachwuchs. So wäre eine Konsequenz für die Studierenden, dass zwischen Professor und Studierenden ungleichmäßige Betreuungsverhältnisse auftreten. Die eigentlichen Gründe hierfür liegen Mester zufolge jedoch in einem Öffnungsbeschluss aus den 70er Jahren der Universitäten: Studium muss jedem zugänglich sein. Allerdings sollten möglichst viele hinein kommen, ohne dass es die Landesregierung übermäßig viel kostet. Laut Mester läuft die Sportwissenschaft in Deutschland der Zeit insofern hinterher, als das an der DSHS noch kein Bachelor und kein Master eingeführt worden ist. Was die Einbringung von Drittmittelgeldern angeht und die damit verbundene gleichmäßige Bewertung von Professoren sieht Mester in def Sportwissenschaft ein uneinheitliches Feld. So wird die Geschichte bspw. anders behandelt als die Biomechanik. Das bezieht sich nicht nur auf Drittmitteleinwerbungen, bei Publikationen ist es ähnlich. Man kann in vielen Fächern keine Publikationen erbringen, die mit Impact-Faktor versehen sind, viele haben noch nicht einmal ein Review-Verfahren. Es ist für den Nachwuchs also durchaus schwer, sich entsprechend zu platzieren. Die Juniorprofessur sieht Mester im Zusammenhang mit der Habilitation, die es in Zukunft in ihrer alten Form nicht mehr geben wird. Der Doktorgrad wird folglich eine völlig andere Bedeutung bekommen und sich mehr dem PhD annähern, der in anderen Ländern irgendwo zwischen der deutschen Promotion und Habilitation eingeordnet ist. Der deutsche Doktorgrad wird sich neu platzieren müssen. So könnte bspw. der Trend eher in Richtung kumulierte Promotion gehen. Bei der Beurteilung einer Qualifikation wird auch in Zukunft immer die Frage berücksichtigt, wo und bei wem die Qualifikation erworben wurde, unabhängig von föderalen Strukturen. Hinsichtlich der Frage, welche Forschungsfelder innerhalb der Sportwissenschaft eine größere Akzeptanz nach außen hin bringen, stellt Mester fest, dass dies nicht nur eine Frage von Themen, sondern in erster Linie eine Frage von Qualität der Arbeit und der Vermittelbarkeit dieser Arbeit, d. h. wissenschaftlicher Kommunikation auf Kongressen, in wissenschaftlichen Zeitschriften usw., ist. Die größten Faktoren des wissenschaftlichen Erfolg sind Mester zufolge fachliche und „social/communicative skills“, also Persönlichkeitsfähigkeiten, im Verhältnis von 50:50. In der Sportwissenschaft wird Mester zufolge zu wenig Wert auf die Herausbildung rhetorischer Fertigkeiten, von „social skills“, von Darstellungsformen, von „Diskussionsskills“, gelegt. Für Juniorprofessoren sollte es daher zur Pflicht gemacht werden, mehrere Fortbildungen zu besuchen, um genau diese Fertigkeiten auszubilden. „Nur mit der engen Arbeit im Labor, aus dem Labor heraus, dann in irgendeine Topposition, das funktioniert nicht mehr.“ Schiffer (unter Verwendung wörtlicher Textpassagen)