Harres Trainingslehre im Kontext aktueller Entwicklungen im Nachwuchsbereich

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Bibliographische Detailangaben
Autor:Rost, Klaus
Erschienen in:Trainingsprinzipien. Fundament der Trainingswissenschaft. Kolloqium der Deutschen Vereinigung für Sportwissenschaft (dvs), Sektion Trainingswissenschaft, mit dem Bundesinstitut für Sportwissenschaft (BISp) und der Universität Leipzig, Sportwissenschaftliche Fakultät, anlässlich des 75. Geburtstages von Professor Dr. Dietrich Harre. 12.-13. Januar 2001, Leipzig
Veröffentlicht:Köln: Sport u. Buch Strauß (Verlag), 2002, S. 71-84, Lit.
Format: Literatur (SPOLIT)
Publikationstyp: Sammelwerksbeitrag
Medienart: Gedruckte Ressource
Sprache:Deutsch
Schlagworte:
Online Zugang:
Erfassungsnummer:PU200303000671
Quelle:BISp

Abstract

Bereits in den siebziger Jahren verwies Harre darauf, dass die fortschreitende Entwicklung der Spitzenleistungen nicht alleine auf steigende Wirkungen des Hochleistungstrainings, sondern gleichermaßen auf einen höheren Effekt der "langfristigen, systematischen und zielgerichteten Vorbereitung" in den Etappen des Nachwuchstrainings zurückzuführen sind. Ausgehend vom Ziel des Hochleistungstrainings, sportliche Spitzenleistungen zu erreichen, beschrieb Harre den langfristigen Leistungsaufbau als ganzheitlichen Prozess, in dem einzelne Ausbildungsetappen differenzierte Ziele, Aufgaben, Inhalte und Methoden zugeordnet werden, die folgerichtig aufeinander aufbauend eine systematische Leistungsentwicklung bewirken. Im Rahmen der Strukturelemente eines Nachwuchstrainingsystems, nimmt neben der zentralen Rolle der Sportler das Trainingssystem eine Schlüsselfunktion ein. Harre spricht diesbezgl. von der "führenden Rolle der Trainings- und Wettkampfbelastung". Laut Verf. bedarf das Nachwuchstraining gegenwärtig dringender Weiterentwicklungen. So sind Rahmentrainingspläne i.d.R. qualitativ unzureichend auf die Prozessgestaltung ausgerichtet. Sie werden nicht ausreichend evaluiert und aktuellen Entwicklungen angepasst. Bei Workshops, Symposien und Trainerweiterbildungen wird der Trainingsprozess unzureichend thematisiert. Im Bereich der Sportwissenschaft werden zwar zahlreiche Untersuchungsergebnisse zu einzelnen, z.T. isolierten Fragestellungen des Nachwuchstrainings vorgestellt, es fehlen jedoch fundierte Aussagen zur Komplexität des sportartspezifischen Trainingsprozesses im Kindes- und Jugendalter. Insgesamt erscheint das Nachwuchs-"Training" als ein defizitärer Bereich. Beziehungen, Abhängigkeiten und Wirkungen unterschiedlicher trainingsinhaltlicher und trainingsmethodischer Vorgehensweisen bleiben aufgrund fehlender prozessbegleitender Interventionen weitestgehend unbeachtet bzw. kaum interpretierbar. Das Hauptproblem im langfristigen Leistungsaufbau vieler Sportarten besteht darin, die größer werdenden Differenzen zwischen den Einstiegsleistungen bei Trainingsbeginn zu den späteren Finalleistungen im Spitzenbereich zu bewältigen. Zur Bestimmung von Zielen und Aufgaben der Nachwuchsförderung ist daher aufzuklären, inwieweit Entwicklungen der Spitzenleistungen durch Fortschritte im Niveau der Leistungsvoraussetzungen und der Wettkampfleistung des Nachwuchses bestimmt werden. Dazu sind systematische sportartspezifische Analysen erforderlich. Hohe sportliche Anschlussleistungen der Junioren sind in der Mehrzahl der Sportarten eine notwendige, aber keine hinreichende Bedingung für das Erreichen von Spitzenleistungen. Für eine klare Standortbestimmung in der Nachwuchsförderung sowie bei der Definition der Ausbildungsziele im Nachwuchstraining ist es nötig, sich 1. an bewährten Strategien zu orientieren und hohe Leistungszielstellungen mit adäquaten entwicklungsgerechten Trainingsanforderungen anzustreben und 2. diese immer wieder auf die Zielstellung hin zu überprüfen und ggf. zu modifizieren, sowie 3. für defizitäre Leistungsbereiche neue Lösungsansätze zu entwickeln. Von hoher Bedeutung ist es ferner, 1. Untersuchungsverfahren und -technologien im Rahmen von Leistungsdiagnostik, Wettkampf- und Trainingsanalytik mit dem Anspruch der sportartspezifischen Validierung und der Evaluierung der Effektivität weiter zu entwickeln, und 2. Verfahren zur Verknüpfung der erhobenen trainingsanalytischen, leistungsdiagnostischen und wettkampfanalytischen Daten voranzutreiben, um eine zielorientierte Steuerung des Nachwuchstrainings zu ermöglichen. Schiffer