Abstract

Finnland war jahrhundertelang ein integraler Bestandteil des Schwedischen Koenigreichs bis es 1809 an Russland fiel. 1894 wurde in Finnland das Zweite Allgemeine Turnfest veranstaltet, bei dem der beruehmte finnische Sportfuehrer Major Viktor Balck und der Physiologieprofessor Frithiof Holmgren aus Uppsala begeisternde Reden vor dem finnischen Publikum hielten. Besonders Holmgren gelang es nach einigen eher belanglosen Saetzen ueber die Jugend und den Fruehling das Thema der finnischen Unabhaengigkeit in den Vordergrund zu ruecken. Die offenbare Diskrepanz zwischen den politischen Inhalten dieser Rede und den uebrigen Arrangements eines Turnfestes, das sportliche Wettbewerbe und Darstellungen in den Mittelpunkt stellte, belegt den Kontrast zwischen Rhetorik und Praxis des Sports, der in den nordischen Laendern um die Jahrhundertwende besonders virulent zutage trat. Der bis 1980 eher informelle Sportbetrieb wurde immer deutlicher in formelle Bahnen gelenkt und zu Beginn des 20. Jahrhunderts fand eine rasche soziale und strukturelle Transformation des Freizeitbereichs Platz. Gleichzeitig wurde die politische, kulturelle und medizinische Bedeutung des Sports durch Visionen genaehrt, die sich in den seltensten Faellen auf die Gegenwart stuetzten, ihre Anhaltspunkt in der Regel in der Vergangenheit oder in der Zukunft fanden. Die Rede von Holmgren verdeutlicht in welchem Masse sozialpolitische Vorstellungen in der nordischen Gesellschaft vor dem Ersten Weltkrieg Verbreitung ueber die Sportbewegung fanden. SaSch