Kraft und Gleichgewicht im Alter : Effekte und Dosis-Wirkungs-Beziehungen von Kraft- und Gleichgewichtstraining

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Bibliographische Detailangaben
Autor:Granacher, Urs; Kressig, Reto Werner; Borde, Ron; Lesinski, Melanie; Bohm, Sebastian; Mersmann, Falk; Arampatzis, Adamantios
Erschienen in:Neurologie & Rehabilitation
Veröffentlicht:23 (2017), 1, S. 61-76, Lit.
Format: Literatur (SPOLIT)
Publikationstyp: Zeitschriftenartikel
Medienart: Elektronische Ressource (online)
Sprache:Deutsch
ISSN:0947-2177
Schlagworte:
Online Zugang:
Erfassungsnummer:PU202005003168
Quelle:BISp

Abstract des Autors

Der Anteil älterer Menschen an der Gesamtbevölkerung westlicher Industrienationen nimmt stetig zu. Biologische Alterungsprozesse und körperliche Inaktivität sind maßgeblich verantwortlich für Gleichgewichtsdefizite und Ganginstabilitäten sowie einen Rückgang der Maximal- und v. a. Schnellkraft. Die Folgen sind eine erhöhte Sturzhäufigkeit im Alter, verbunden mit Einschränkungen der Mobilität und Lebensqualität sowie erhöhten sturzverletzungsinduzierten Kosten im Gesundheitssystem. Der vorliegende narrative Überblicksbeitrag beschreibt A) multifaktorielle Ursachen von Stürzen im Alter, B) altersbedingte Defizite im Kraft- und Gleichgewichtsverhalten, C) Verfahren zur Diagnostik von altersbedingten Verlusten der Muskelkraft und -masse sowie des Gleichgewichts,und D) Effekte und Dosis-Wirkungs-Beziehungen von Kraft- und Gleichgewichtstraining im Alter. Im Ergebnis der Literaturanalyse werden Grenzwerte diagnostischer Verfahren zur Abklärung des altersbedingten Kraftrückgangs, des Verlusts an Muskelmasse sowie von Gleichgewichtsdefiziten berichtet. Darüber hinaus konnten große Effekte von Krafttraining im Alter auf Parameter der Muskelkraft, jedoch nur kleine Effekte auf Kennwerte der Muskelmorphologie ermittelt werden. Gleichgewichtstraining bewirkt große Effekte auf Variablen des proaktiven und reaktiven Gleichgewichts, wohingegen die Wirkungen auf das statisch/dynamisch-kontinuierliche Gleichgewicht lediglich als klein bis mittel klassifiziert werden können. Effektive Dosis-Wirkungs-Beziehungen für Gleichgewichtstraining im Alter sind gekennzeichnet durch eine Trainingsdauer von elf bis zwölf Wochen, drei Trainingseinheiten pro Woche, eine Dauer pro Trainingseinheit von 31 bis 45 Minuten und eine Standzeit pro Gleichgewichtsübung von 21 bis 40 Sekunden. Evidenzbasierte Dosis-Wirkungs-Beziehungen beim Krafttraining zur Verbesserung der Muskelkraft sind charakterisiert durch eine Trainingsdauer von 50 bis 53 Wochen, eine Trainingsfrequenz von zwei Einheiten pro Woche, eine Serienzahl von zwei bis drei Sätzen pro Übung, acht bis neun Wiederholungen pro Satz, eine Trainingsintensität von 70 bis 79 % des Einer-Wiederholungs-Maximums, eine Kontraktionsdauer pro Wiederholung von sechs Sekunden und eine Satzpause von 60 Sekunden. Neue Studien weisen auf das Potenzial von Schnellkrafttraining im Alter zur Verbesserung von Kraft, Gleichgewicht und Mobilität hin.

Abstract des Autors

The proportion of elderly people in Western industrialized countries is continually rising. Biological aging and physical inactivity are two main factors responsible for age-related balance deficits, gait instabilities, loss of muscle strength and particularly muscle power. Taken together, these motor impairments result in an increased fall rate, mobility disability, reduced quality of life, and a tremendous increase in healthcare costs for the treatment of fall-related injuries. This narrative literature review describes i) multi-factorial reasons for an increased risk of falls in old age, ii) age-related deficits in muscle strength and balance, iii) diagnostic tools for the assessment of age-related losses in muscle strength and mass as well as balance, and iv) the effects and dose-response relationships of resistance and balance training in old age. This literature-based analysis reports cut-off values of diagnostic tools for the assessment of age-related loss of muscle strength and mass as well as in balance performance. In addition, we found that resistance training had a large effect on measures of muscle strength but only a small effect on muscle morphology. Our analysis further revealed large effects of balance training on measures of proactive and reactive balance; however, there were only small or medium-sized effects on static/dynamic steady-state balance variables. Effective dose-response relationships following balance training in old age are characterized by a training period of 11–12 weeks, a frequency of three sessions per week, aduration of 31–45 minutes for a single training session, and a duration of 21–40 seconds for a single balance training exercise. Evidence-based dose-response relations for key resistance training variables to improve measures of muscle strength include a training period of 50–53 weeks, a frequency of two sessions per week, a training volume of two to three sets per exercise, seven to nine repetitions per set, a training intensity of 70–79 % of 1RM, a total time under tension of 6.0 seconds, and a 60 second rest between sets. More recent studies highlight the potential of power training to improve muscle strength, power, balance and mobility in old age.