Von „Kriegsbeschädigten im Versehrtensport“ zu „Topathleten und -athletinnen bei den Paralympics“ : Sport und die Konstruktion von Behinderung – historische Entwicklungen

Gespeichert in:
Bibliographische Detailangaben
Autor:Tiemann, Heike
Erschienen in:Sport and the construction of identities : proceedings of the XIth International CESH-Congress, Vienna, September 17th - 20th 2006
Veröffentlicht:Wien: Turia + Kant (Verlag), 2007, S. 830-837, Lit.
Herausgeber:Europäisches Komitee für die Geschichte des Sports
Format: Literatur (SPOLIT)
Publikationstyp: Sammelwerksbeitrag
Medienart: Gedruckte Ressource
Sprache:Deutsch
Schlagworte:
Online Zugang:
Erfassungsnummer:PU201612009097
Quelle:BISp

Abstract des BISp

Der Beitrag befasst sich mit körperbehinderten Sportlern in Deutschland. Verf. möchte dabei klären, wie Menschen im Sport zu „Behinderten“ gemacht werden und welche Zuschreibungen mit der „Behinderung“ einhergehen. Dabei analysiert Verf. vorliegende Publikationen der verantwortlichen Sportverbände von 1914 an. Beginnend nach dem Ersten Weltkrieg kam diese Form der Auseinandersetzung mit Körperbehinderten im Sinne von Kriegsversehrten auf. Die neu entwickelte Sporttherapie zur Behandlung wurde auch in Bezug auf die Psyche der Versehrten äußerst erfolgreich angewendet, geriet allerdings bis nach dem Zweiten Weltkrieg wieder zunehmend in den Hintergrund. Erst dann wurden die Kriegsversehrten wieder in Lazaretten und Krankenhäusern behandelt, so dass dort auch die Definitionsmacht über die von der Norm abweichenden Menschen bzw. „Beschädigten“ lag. Nach 1945 kam es zur Gründung von Sportgruppen, die sich 1951 in der Arbeitsgemeinschaft Deutscher Versehrtensport zusammenschlossen. Sportfeste und Tagungen wurden organisiert, die Belange des Versehrtensports gegenüber der Politik vertreten. Verf. macht deutlich, dass der Versehrtensport weit ab von der Idee des Leistungssports lag, seinen Fokus gänzlich auf der Linderung des Schicksals der Betroffenen legte und die sportliche Leistung ablehnte. Anschließend schildert Verf. die Veränderung innerhalb der Gesellschaft in den 70er Jahren, wobei er hervorhebt, dass es nun mehr „Nichtkriegsbeschädigte“ als „Kriegsbeschädigte“ gab. Der Begriff des Behinderten setzte sich nun allmählich durch und auch die öffentliche Vertretung wurde 1975 in Deutscher Behindertensportverband umbenannt. Verf. führt aus, dass sich ansonsten sich nicht viel änderte, blieben doch die Mitglieder im DBS stigmatisiert als Behinderte in Abgrenzung zu Nichtbehinderten. Erst in den letzten beiden Jahrzehnten des 20. Jahrhunderts erfolgte eine Änderung, da nun Leistungssport für Behinderte gefördert und Nationalmannschaften zu Paralympics gesendet wurden. Das medizinische Modell von Behinderung wich einem sozialen Modell von Behinderung. Dennoch stellt Verf. abschließend fest, dass die Definition von Behinderung auch in der Neuzeit noch immer mit Defiziten belegt ist. (Orthmann)