Kaleidoskop Sportwissenschaft : Doping im Freizeit- und Breitensport

Gespeichert in:
Bibliographische Detailangaben
Autor:Falkner, Gerd
Erschienen in:FdSnow
Veröffentlicht:30 (2012), 40, S. 51-55, Lit.
Format: Literatur (SPOLIT)
Publikationstyp: Zeitschriftenartikel
Medienart: Gedruckte Ressource
Sprache:Deutsch
ISSN:1864-5593
Schlagworte:
Online Zugang:
Erfassungsnummer:PU201211007477
Quelle:BISp

Abstract

Dem Breiten- und Freizeitsport wird u. a. eine therapeutische oder resozialisierende Funktion zugeschrieben und er wird als eine geradezu universelle und hochwirksame Maßnahme gegen das Abrutschen in Kriminalität und Drogensucht betrachtet. Dabei wird unterschwellig mittransportiert, dass hier der wahre, der reine Sport stattfindet. Doch dieses idealisierende Bild verliert immer mehr an Leuchtkraft, denn inzwischen ist der Breiten- und Freizeitsport längst ein hochprofitables Marktsegment mit riesigen Umsätzen und noch mehr Verdienstpotenzial. Breitensportliche Großveranstaltungen tragen, wie im Hochleistungssport, immer öfter Eventcharakter, wodurch der ursprüngliche, „reine“ sportliche Hauptzweck immer mehr an den Rand gedrängt wird. Auch die Sportartikel- und Sportbekleidungsindustrie verzeichnet gerade im Breitensportsektor wachsende Umsätze. Zum Warenspektrum gehören längst auch Nahrungsergänzungsmittel sowie Produkte mit (zumindest) gefühlter Nähe zum medizinisch-therapeutischen Bereich von Bandagen über Einreibungsmittel bis hin zu verschiedenen Präparaten in Ampullen, in Pillen- oder Tablettenform. Auch wenn die Behauptung, dass über eine regelmäßige Einnahme von Nahrungsergänzungsmitteln die Hemmschwelle für einen Einstieg in Medikamentenmissbrauch bzw. ins Doping im Sport gesenkt wird, stichhaltiger Beweise entbehrt, ist nachgewiesen, dass Supplemente zum Teil hochgradig mit dopingrelevanten Substanzen verunreinigt sind. Eine in der Schweiz durchgeführte Online-Befragung von 2500 vorwiegend ausdauersportlich orientierten Freizeitsportlern im Jahr 2007 ergab, dass lediglich 18,5 % der Befragten nie Supplemente zu sich nahmen, während 32,1 % solche täglich konsumierten. Symptomatisch ist, dass 35,7 % nicht wussten, ob Substanzen enthalten waren, die auf der Dopingliste stehen. Bezüglich der Inhaltsstoffe der eingenommenen Medikamente erhöhte sich der Grad der Unwissenheit auf 54,2 %. Der Medikamentenkonsum hielt sich bei den Ausdauersportlern insgesamt im Rahmen des Bevölkerungsdurchschnitts, mit Ausnahme von Schmerzmitteln, die von 67,8 % gegen Muskelschmerzen beim Sport eingesetzt wurden, und Mittel für die Atemwege, z. B. Asthmasprays, benutzten 18,5 % aus sportlichen Gründen, durchaus mit Blick auf eine Steigerung der sportlichen Leistung. In diesem Zusammenhang konstatierten die Analysten deshalb einen eindeutigen Medikamentenmissbrauch. Obwohl sich kaum jemand zum Dopingmissbrauch bekannte, gaben immerhin 9,7 % der Befragten an, aktuell unerlaubte Substanzen zu nehmen oder solche früher einmal ausprobiert zu haben. Die Neigung, Dopingmittel zu verwenden, stieg – ähnlich wie bei den Supplementen – mit der Trainings- und Wettkampfhäufigkeit. Problembewusstsein existiert durchaus, denn 58,5 % der Befragten in der Schweizer Studie halten Doping im Freizeit- und Breitensport für ein großes bis sehr großes Problem, und immerhin 53,3 % würden vermehrte Dopingkontrollen im Breitensport begrüßen. Nur 2,1 % waren für eine Freigabe des Dopings. Nichtsdestotrotz stellt Doping in der „Leistungsgesellschaft“ ein allumfassendes Grundproblem dar, dessen Betrachtung, Bewertung und Lösung gesamtgesellschaftliche Dimensionen aufweisen muss. Allerdings wird der Sport, mit seinem Sieg-Niederlage-Code, mit dem ihm wesenseigenen Streben nach Höchstleistungen und Rekorden dabei immer wieder im Fokus stehen und die „Verbesserung“ des Menschen sowie seiner Leistungsfähigkeit wird ein Dauerthema bleiben. Dies auch deshalb, weil dem Bestreben nach „Naturbelassenheit“ des Sportlers eine beispiellose „materiell-technische Hochrüstung“ auf dem Sektor der Sportmaterialien und Ausrüstungen gegenübersteht. Schiffer (unter Verwendung wörtlicher Textpassagen)