Kontingenz in Serie : zur "Spannung" des modernen Sports

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Bibliographische Detailangaben
Autor:Werron, Tobias
Erschienen in:Die Möglichkeit des Sports : Kontingenz im Brennpunkt sportwissenschaftlicher Analysen
Veröffentlicht:Bielefeld: Transcript-Verl. (Verlag), 2012, S. 25-48, Lit.
Format: Literatur (SPOLIT)
Publikationstyp: Sammelwerksbeitrag
Medienart: Gedruckte Ressource
Sprache:Deutsch
Schlagworte:
Online Zugang:
Erfassungsnummer:PU201210006833
Quelle:BISp

Abstract

Kontingenz des Sports bezieht sich auf die Unwahrscheinlichkeit dei Entstehung des modernen Sports selbst. Kontingenz in diesem Sinne ist eine heuristische Prämisse, die unterstellt, dass der moderne Sport unwahrscheinlich war, aber gleichwohl möglich geworden ist, und auf dieser Grundlage nach den historischen Bedingungen seiner Möglichkeit fragt. Kontingenz im Sport zielt dagegen auf Produktion und Erleben von Kontingenz im modernen Sport, darauf also, dass Wettkampfverläufe als kontingent erlebt werden können, und fragt nach der Art und Weise, wie dieses Erlebnispotenzial im modernen Sport angeeignet, organisiert und interpretiert worden ist. Die zentrale These des Beitrags wird sein, dass beide Fragen in einem engen historischen Zusammenhang gesehen werden sollten. Die historische Unwahrscheinlichkeitsschwelle, die moderne Sportarten in ihrer Entstehungsphase im 19. Jahrhundert überwinden mussten (und immer wieder aufs Neue überwinden müssen), hat sich ihre charakteristischen Strukturen eingeprägt und findet daher auch Ausdruck in der Art und Weise, wie in ihnen Spannung inszeniert und interpretiert wird. Bezieht man Kontingenz des Sports/im Sport aufeinander, wird folglich nicht nur die Spannungsproduktion im modernen Sport besser verständlich, sondern auch, wie sich der moderne Wettkampfsport von historischen Vorgängern und verwandten Spiel- und Wettkampfformen unterscheidet. Insbesondere wird nun deutlich, dass beide - die Spannungsproduktion im modernen Sport wie auch die Typik des modernen Sports - von der laufenden Beobachtung und dem Wissen eines Expertenpublikums abhängig sind, das in der sporthistorischen und -soziologischen Literatur bisher wenig Beachtung gefunden hat. Der Beitrag entfaltet diese These in vier Schritten: (1) Verf. konturiert zunächst die Ausgangsfrage nach der >Spannung< des modernen Sports im Licht anderer Theorien, die auf die Bedeutung der Spannungsproduktion im modernen Sport hingewiesen haben; (2) anschließend zeigt Verf. am Forschungsstand der sporthistorischen Literatur, weshalb es sich lohnt, von der Kontingenz des modernen Sports auszugehen, und unterbreitet einen Vorschlag zur Benennung der Unwahrscheinlichkeitsschwelle, die im Übergang zum modernen Sport überwunden werden musste; (3) vor diesem Hintergrund skizziert Verf. die seit dem ausgehenden 19. Jahrhundert mehr oder weniger konstanten Prinzipien der Spannungsproduktion im modernen Sport und zeigt, dass und weshalb das Spannungserleben dabei zu einer Frage des Wissens und der Expertise geworden ist. (4) Verf. schließt mit einem Resümee und einem Plädoyer für eine „Wissenssoziologie“ des Wettkampfsports, das die Kerngedanken des Beitrags auf eine Kritik an weit verbreiteten Vorurteilen zum Publikum des modernen Sports zuspitzt. Einleitung (gekürzt und geändert)