Primärprävention der Adipositas : eine Frage des mütterlichen Lebensstils in der Schwangerschaft?

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Bibliographische Detailangaben
Autor:Platschek, Anna-Maria
Gutachter:Graf, Christine; Brixius, Klara
Veröffentlicht:Köln: 2011, 241 S., Lit.
Forschungseinrichtung:Deutsche Sporthochschule Köln / Institut für Bewegungs- und Neurowissenschaft
Hochschulschriftenvermerk:Köln, Dt. Sporthochsch., Diss., 2011
Format: Literatur (SPOLIT)
Publikationstyp: Monografie
Medienart: Elektronische Ressource (online) Gedruckte Ressource
Dokumententyp: Graue Literatur Hochschulschrift Dissertation
Sprache:Deutsch
Schlagworte:
Online Zugang:
Erfassungsnummer:PU201201000162
Quelle:BISp

Abstract des Autors

Das Krankheitsgeschehen des Menschen wird neben dem genetischen Profil und Umweltbedingungen auch von Umgebungsbedingungen in der frühen intrauterinen Entwicklungsphase determiniert. Vor diesem Hintergrund rückt die Rolle der pränatalen bzw. metabolischen Prägung im Sinne möglichst frühzeitiger Prävention der weltweit ansteigenden Prävalenz von Übergewicht und Adipositas zunehmend in den Fokus der Wissenschaft, aber auch der Anwendung. Ein inadäquater maternaler Lebensstil in der Schwangerschaft, der unter anderem durch körperliche Inaktivität sowie eine positive Energiebilanz charakterisiert ist, kann zu einer exzessiven Gewichtszunahme und den damit verbundenen Erkrankungen wie dem Gestationsdiabetes führen, die wiederum mütterlicherseits aber auch bei der Nachkommenschaft zu möglichen Folgeerscheinungen, u.a. Übergewicht beitragen. Zielformulierung: In der vorliegenden Arbeit werden die Einflüsse eines individuellen Interventionsgesprächs in der Frühschwangerschaft auf den Lebensstil der Schwangeren, die maternale Gewichtszunahme, das Auftreten einer gestörten Glukosetoleranz bzw. eines Gestationsdiabetes, den Nüchternblutzucker und das Blutdruckverhalten im Schwangerschaftsverlauf sowie auf fetale und geburtshilfliche Parameter überprüft. Des Weiteren werden die Zusammenhänge gesundheitsförderlicher und ggf. lebensstiländernder Maßnahmen unter besonderer Berücksichtigung körperlicher Aktivität vor und während der Schwangerschaft auf die genannten Parameter untersucht. Vor dem Hintergrund, dass die ansteigende Prävalenz von Übergewicht und Adipositas auch Frauen im gebärfähigen Alter betrifft, werden in weiteren Schritten die Folgen dessen auf den Schwangerschaftsverlauf sowie die Einflüsse gesundheitsförderlicher und ggf. lebensstiländernder Maßnahmen in diesem Kollektiv überprüft. Methodik: 101 Teilnehmerinnen wurden in eine Interventions- (n=51) und eine Kontrollgruppe (n=50) randomisiert. Zu Beginn der Studie wurde ein Anamnesebogen erhoben. Das Interventionsgespräch beinhaltete neben der Aufklärung möglicher Risikofaktoren auch Empfehlungen zur Einhaltung eines gesunden Lebensstils, speziell hinsichtlich eines adäquaten Bewegungs- und Ernährungsverhalten während der Schwangerschaft. Die ausführlichen Messwerterhebungen (Gewicht, Umfänge, Blutdruck, Nüchternblutzucker) fanden alle vier Wochen während den regulären Mutterschaftsvorsorgeterminen statt. In der 24. – 28. Schwangerschaftswoche wurde ein oraler Glukosetoleranztest durchgeführt. Nach Geburt des Kindes wurde der jeweilige Abschlussbericht aus den Krankenhäusern angefordert. Bei der regulären Schwangerschaftsnachsorge wurde ein erneuter Anamnesebogen erhoben. Zur Überprüfung des Einfluss von körperlicher Aktivität bzw. des prägraviden BMI auf den Schwangerschaftsverlauf wurden die Teilnehmerinnen unabhängig von Interventions- und Kontrollgruppe in Subgruppen eingeteilt. Ergebnisse: Die Teilnehmerinnen waren zu Beginn der Studie im Durchschnitt 30,7 ± 5,4 Jahre alt, 167,1 ± 6,3 cm groß und wogen 71,3 ± 16,2 kg, der BMI betrug 25,5 ± 5,6 kg/m². Ein signifikanter Unterschied lag hinsichtlich der Prävalenz von Gestationsdiabetes und gestörter Glukosetoleranz zwischen Interventions- und Kontrollgruppe vor (p=0,044). Dabei wiesen die Teilnehmerinnen der Kontrollgruppe mehr Fälle eines Gestationsdiabetes und die der Interventionsgruppe mehr Fälle einer gestörten Glukosetoleranz auf. Es konnten keine Zusammenhänge zwischen dem Interventionsgespräch und konkreten Lebensstilmodifikationen detektiert werden. Des Weiteren zeigten sich keinerlei Interventionseffekte auf die maternale Gewichtszunahme, den Nüchternblutzucker und das Blutdruckverhalten im Schwangerschaftsverlauf sowie auf fetale und geburtshilfliche Parameter. Insgesamt fanden sich zu Beginn der Studie 4,0 % unter-, 59,4 % normal-, 15,8 % übergewichtige Teilnehmerinnen, Adipositas I - III bei 20,8 % der Teilnehmerinnen. Die übergewichtigen und adipösen Teilnehmerinnen wiesen neben einem erhöhten Risikoprofil vor und in der Schwangerschaft (sozioökonomischer Status, körperliche Inaktivität, Nikotinabusus, übermäßige Gewichtszunahme) auch in den Längsschnitterhebungen (Gewicht, Umfänge, Blutdruck, Nüchternblutzucker) stets höhere Werte als die normalgewichtigen Frauen auf und waren somit für schwangerschaftsassoziierte Komplikationen und Erkrankungen am stärksten prädestiniert. Des Weiteren zeigte sich, dass 19,4 % der Teilnehmerinnen sowohl vor als auch in der Schwangerschaft aktiv, jedoch 55,1 % in beiden Phasen inaktiv waren und weitere 22,4 % ihre Aktivitäten in der Schwangerschaft aufgaben. Es traten keine Zusammenhänge zwischen körperlicher Aktivität und den verschiedenen Parametern im Schwangerschaftsverlauf auf. Zusammenfassung: In der vorliegenden Studie konnte die Prävalenz von Gestationsdiabetes durch ein individuelles Interventionsgespräch reduziert werden. In Anbetracht der Subgruppenverteilung scheint ein großer Handlungs- aber auch Forschungsbedarf innerhalb des Schwangeren-Klientels vorhanden zu sein. Vor dem Hintergrund der fetalen Programmierung ist die Schwangerschaftsphase ein bislang zu selten genutzter Zeitraum für die Prävention der juvenilen Adipositas. Insbesondere dem pränatalen aber auch prägraviden maternalen Lebensstil, dem Ernährungsverhalten und speziell körperlicher Aktivität als Teile dessen, sind in der Prävention schwangerschafsspezifischer Komplikationen und Erkrankungen konsekutiv deren Ko- und Folgemorbiditäten und somit Übergewicht und Adipositas Schlüsselrollen beizumessen. Die durch einen gesunden prägraviden Lebensstil induzierte physiologische Gewichtsregulation kann bereits vor der Schwangerschaft eine adipositasabhängige Erhöhung schwangerschaftsassoziierter Komplikationen und Erkrankungen einschränken. Ein adäquater pränataler Lebensstil kann sowohl durch den Einfluss auf die maternale Gewichtszunahme als auch unmittelbar Risiken eines Gestationsdiabetes, einer schwangerschaftsinduzierten Hypertonie, von geburtshilflichen sowie fetalen Komplikationen senken.

Abstract des Autors

The state of human disease is determined by means of the genetic profile as well as environmental conditions, also during early intrauterine development. Accordingly, the role of prenatal or metabolic programming to prevent the worlds’ rising prevalence of overweight and obesity is of growing interest in both, scientific and applied fields. An inadequate maternal lifestyle during pregnancy, which is characterized by physical inactivity and a positive energy balance, can lead to excessive weight gain and related diseases, such as gestational diabetes including further consequences (i.e. overweight) on the mother’s side but also on the descendant’s side. Purpose: The present study examines the effects of an individual intervention-interview in early pregnancy on maternal lifestyle, weight gain, prevalence of impaired glucose tolerance or a gestational diabetes, fasting blood glucose as well as blood pressure in pregnancy and on fetal and obstetric parameters. Additionally, correlations were analyzed between pre-pregnant BMI just as physical activity and the last named parameters during pregnancy. Methods: 101 participants were randomized into an intervention (n = 51) and a control group (n = 50). Prior to the study a medical history form was collected. The intervention included a discussion on possible risk factors in addition to recommendations for maintaining a healthy lifestyle, particularly in terms of adequate exercise and eating habits during pregnancy. The detailed measurement surveys (weight, circumferences, blood pressure, fasting blood glucose) were held every four weeks during the regular prenatal care. Between the 24th to 28th week of pregnancy an oral glucose tolerance test was performed. After childbirth individual final report has been requested from the hospitals. In the regular pregnancy aftercare a medical history form was collected. To analyze the influence of physical activity and pre-pregnant BMI, the participants were classified in sub-groups independently by intervention and control group. Results: Prior to the study participants were on average 30.7 ± 5.4 years old, 167.1 ± 6.3 cm tall and weighed 71.3 ± 16.2 kg. BMI was 25.5 ± 5.6 kg/m². A significant difference was shown in the prevalence of gestational diabetes and impaired glucose tolerance between intervention and control group (p = 0.044). Participants in the control group revealed more cases of gestational diabetes, whereas participants in the intervention group revealed more cases of impaired glucose tolerance. No correlations between the intervention and lifestyle modifications were observed. Furthermore, results showed no intervention effects on maternal weight gain, fasting blood glucose and blood pressure in pregnancy as well as on fetal and obstetric parameters. At baseline there were 4.0% underweight, 59.4% normal weight and 15.8% overweight participants. Obesity was diagnosed with 20.8% of the participants. In addition, the overweight and obese participants showed an increased risk profile before and during pregnancy (socio-economic status, physical inactivity, smoking, excessive weight gain) as well as higher values in the longitudinal surveys (weight, circumferences, blood pressure, fasting blood glucose), indicating high predestinations for pregnancy-associated complications and diseases. Furthermore it was found that 19.4% of the women were active before and during pregnancy, whereas 22.4% gave up their activity in pregnancy. However, 55.1% were inactive in both periods. There were no correlations between physical activity and the various parameters in the course of pregnancy. Conclusion: In the present study, the prevalence of gestational diabetes could be reduced by an individual intervention-interview. Further research within the prenatal clientele should be conducted. According to fetal programming, the gestational period is a previously underutilized period for preventing overweight and obesity. In particular, the prenatal but also pre-pregnant maternal lifestyle, the physical activity and dietary habits play key roles in the prevention of pregnant specific complications and consecutive their co-morbidities, and thus overweight and obesity. The healthy lifestyle through a pre-pregnant period induced physiological weight regulation and can already restrict a pre-pregnancy obesity-dependent increase in pregnancy-associated complications and diseases. An adequate prenatal lifestyle could reduce risks through its impact on maternal weight gain and immediately of gestational diabetes, a pregnancy-induced hypertension, obstetric and fetal complications.