Sport im Familienleben jüdischer Bürger des 20. Jahrhunderts im Lichte ihrer Autobiografien

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Bibliographische Detailangaben
Autor:Ader, Armin
Erschienen in:Jüdischer Sport und Jüdische Gesellschaft
Veröffentlicht:Berlin: 2010, S. 287-297, Lit.
Beteiligte Körperschaft:Haus der Wannsee-Konferenz ; Akademia Wychowania Fizycznego <Posnan> / Poznaniu Zamiejscowy Wydział Kultury Fizycznej
Format: Literatur (SPOLIT)
Publikationstyp: Sammelwerksbeitrag
Medienart: Gedruckte Ressource
Sprache:Deutsch
Schlagworte:
Online Zugang:
Erfassungsnummer:PU201107006137
Quelle:BISp

Abstract

Autobiografien stehen im Schnittpunkt von Fragestellungen unterschiedlicher Wissenschaften. In diesem Beitrag geht es darum, was Autobiografien zum Sport in jüdischen Familien unseres Jahrhunderts bis zum Ende der Nazizeit zu berichten wissen. Jüdische Mitglieder des Besitz- und Bildungsbürgertums schrieben Autobiografien und demonstrierten vor der Öffentlichkeit als Herrenreiter, dass sie Deutsche waren und als solche anerkannt werden wollten. Der Nachwuchs der Herrenreiter hatte in parkähnlichen Gärten bevorzugter Wohngegenden Ruhe und Anlagen zum Sporttreiben zur Verfügung, aber wenig Zeit dazu. In der Schule zielte der Turnunterricht – mit Zustimmung der Familienpatriarchen – auf Körperdrill, Disziplin und Gehorsam. Damit verbunden war auch der Gedanke, dass die Zöglinge beim Militär im Sinne der Obrigkeit besser funktionieren würden und zugleich eine größere Chance hätten, evtl. in höhere Offiziersränge aufsteigen zu können. Schriftsteller mit Abfassungszeiten ihrer Autobiografie während der Emigration der Nazizeit wandten sich von diesem Turnunterricht empört ab und plädierten für einen jugendbewegten, freien, selbstbestimmten Sport mit Wandern, Skilauf, Tanzen, Schwimmen oder Bergsteigen. Jüngere Autoren, die ihre Erinnerungen nach dem Zweiten Weltkrieg niederschrieben, hatten dagegen jugendbewegte Eltern erlebt, die ihren Sprösslingen Anschub und Gelegenheiten zu einem freien Sporttreiben gewährt hatten. Frei, selbstbestimmt und bewusst hatten sie daher den Sport zu unterschiedlichen Zwecken in ihrem Leben genutzt, um – nicht selten auch gegen den Willen der Familie – "fit zu sein" zum Auswandern und zum Aufbau und zur Verteidigung eines jüdischen Staates in Palästina. Wem die Auswanderung vor oder in den ersten Jahren der Nazizeit nicht mehr gelungen war, geriet in die schrecklichste Form des Missbrauchs von Sport: sportliche Übungen als Selektierungskriterium im KZ, die in letzter Konsequenz zum Tode führen sollten. Aus dem Text