Doping im Wettkampfsport : eine sportethische Herausforderung

Gespeichert in:
Bibliographische Detailangaben
Autor:Franke, Elk
Erschienen in:Zeitschrift für Kulturphilosophie
Veröffentlicht:4 (2010), 1 (Brot und Spiele), S. 17-28, Lit.
Format: Literatur (SPOLIT)
Publikationstyp: Zeitschriftenartikel
Medienart: Gedruckte Ressource
Sprache:Deutsch
ISSN:1867-1845, 2366-0759
Schlagworte:
Online Zugang:
Erfassungsnummer:PU201103002443
Quelle:BISp

Abstract

Kennzeichnend für sozialwissenschaftliche Analysen des Leistungssports in den letzten zwei Jahrzehnten des 20. Jahrhunderts war die Erkenntnis, daß Doping »nicht von außen als unerklärlicher Fluch über den modernen Hochleistungssport gekommen, sondern [...] in dessen Strukturdynamiken angelegt« ist. Der Wettkampfsport avancierte durch die Maxime des 'citius, altius, fortius' zum Spiegelbild der Leistungsgesellschaft mit Auswirkungen auf seine eigene Entwicklung. Als ihr idealisiertes Modell wurde er nicht nur zunehmend professionalisiert, kommerzialisiert und medienbezogen vermarktet, sondern durch die vermehrte »Nutzenverschränkung« mit der ihn umgebenden Alltagswelt verlor er für viele auch seinen traditionellen Sonderstatus als Spiel-Sport-Welt in der Arbeits-Alltags-Welt. Gleichzeitig relativierte sich damit die Bedeutung einer spezifischen Sportmoral (Fair play, Solidarität, Leistungsbereitschaft etc.) als Ausgrenzungsmerkmal. Für die medienwirksam geführte Dopingdiskussion bedeutet dies, daß der Leistungssport seit den 70er Jahren keine eigenständige wertethische Ausgangsposition mehr besitzt. Es erscheint inzwischen weltfremd, Optimierungsmöglichkeiten einer Leistungsgesellschaft im Wettkampfsport mit normativen Verweisen auf das Fair play oder Solidaritätsermahnungen steuern zu wollen.
Das sind Konsequenzen, die sich auch in den veränderten Dopingdefinitionen widerspiegeln. Wurde noch in den 70er Jahren das Dopingverbot global unter Bezugnahme auf zentrale Sportwerte gerechtfertigt, konzentrierten sich die Bestimmungen gegen das Doping anschließend auf die Beschreibung verbotener Vorgänge mit Verweis auf eine Liste von Mitteln und Umständen, bei denen die »genuinen« Sportwerte nur noch als Alibi erscheinen. Dies führte dazu, daß es immer unklarer wurde, warum bestimmte Handlungen im Wettkampfsport als Doping gelten, die der Alltag problemlos toleriert. D.h. nicht nur die Dopingkontrollen, sondern vor allem deren ethische und moralische Begründungen unterliegen einem nicht zufälligen Legitimationsverlust. Einleitung