Die Trainierbarkeit von propriozeptiven und koordinativen Parametern bei der chronisch-funktionellen Sprunggelenkinstabilität

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Bibliographische Detailangaben
Autor:Bender, Anette
Veröffentlicht:Ulm: 2006, 119 S., Lit.
Forschungseinrichtung:Universität Ulm / Medizinische Fakultät
Hochschulschriftenvermerk:Ulm, Univ., Diss., 2006
Format: Literatur (SPOLIT)
Publikationstyp: Monografie
Medienart: Elektronische Ressource (online) Gedruckte Ressource
Dokumententyp: Hochschulschrift Dissertation
Sprache:Deutsch
Schlagworte:
Online Zugang:
Erfassungsnummer:PU201101000291
Quelle:BISp

Abstract

Die Distorsion des lateralen Kapselbandapparates zählt zu den häufigsten Verletzungen der unteren Extremität. Ungeachtet der Primärtherapie treten bei bis zu 40 % der Patienten rezidivierende Beschwerden auf. Die Patienten klagen über Schwellneigung, Schmerzen, Gangunsicherheiten sowie rezidivierende Distorsionen, als Ausdruck der chronischen Instabilität. Die Instabilität kann durch ein mechanisches und funktionelles Defizit ausgelöst werden. Die mechanische Instabilität wird durch eine insuffiziente Bandführung hervorgerufen. Im Gegensatz dazu beruht die funktionelle Instabilitätskomponente auf einem Defizit im propriozeptiven System der Fußpronatoren. Durch Rezeptorläsion oder Nervenschädigung kommt es zu einer insuffizienten Reflexantwort einer gelenkprotektiven
antagonistischen Muskelreaktion auf den Umknickreiz. Die peroneale Muskulatur reagiert zu langsam, um ein Supinationstrauma zu verhindern. Diagnostisches Mittel zur Erkennung dieses pathophysiologischen Vorganges ist die Erhebung der peronealen Reaktionszeit durch eine EMG-Messung, die sich bei Patienten mit einer chronisch-funktionellen Instabilität signifikant verlängert zeigt. Die Untersuchung beruht auf einem Elektromyogramm (EMG) der gelenkprotektiven Peronealmuskulatur, dass nach Setzen eines standardisierten Umknickreizes auf einer Kippplattform oberflächlich von den Mm. peroneus longus (PL) et brevis (PB) abgeleitet wird. Diese reliable Methode ist zur Evaluation eines propriozeptiven Defizites in vielen Studien erprobt. Sie ist stabil gegen Störgrößen, wie Lateralisation (linkes, rechtes Bein), dominantes/nicht-dominantes Bein, Größe, Gewicht und Aufwärm-zustand des zu Untersuchenden. Die Therapie der chronisch-funktionellen Instabilität des oberen Sprunggelenks (OSG) ist auf ein konservatives Vorgehen ausgerichtet. Basierend auf den physiologischen Grundlagen wurden in den letzten Jahren mehrere Studien publiziert, die sich mit den Erfolgen eines propriozeptiven Trainings bei Patienten mit rezidivierenden Traumen auseinander setzten. Aufgrund der einfacheren Durchführung beschränkte sich die Therapie in den Studien meist nur auf ein bis zwei Übungen, die jedoch nicht das gesamte Spektrum der Propriozeption ansprechenkönnen. In der vorliegenden Arbeit wurde der Erfolg einer umfassenden physiotherapeutischen Behandlung auf die peroneale Reaktionszeit sowie auf die subjektive Zufriedenheit untersucht. Es konnten 22 chronisch instabile Probanten in die Studie integriert werden. Die Patienten absolvierten ein sechswöchiges Training mit je drei Terminen pro Woche für jeweils eine Stunde. Vor, alle zwei Wochen während und zwei Wochen nach der Therapie wurde eine peroneale Reaktionszeitmessung durchgeführt. Dabei stellte sich die Frage, ob eine speziell abgestimmte Krankengymnastik bei der chronischen OSG-Instabilität eine objektivierbare Verbesserung der peronealen Reaktionszeit (PRT) bewirkt. Es zeigte sich eine signifikante Verkürzung der PRT des M. peroneus longus (PL) (p = 0,0001) und des M. peroneus brevis (PB) (p = 0,0003) des symptomatischen Beines im Vergleich vor und nach KG. Auch die PRT des PB des nicht symptomatischen Beines zeigte eine signifikante Verkürzung (p = 0,0309). Bei der Betrachtung der PRT im Verlauf der Therapie zeigt sich keine kontinuierliche Verbesserung der elektromyografischen Werte. Vielmehr zeigen sich vor allem zu Beginn der Therapie Schwankungen, die wahrscheinlich auf die unterschiedlichen Phasen der Therapie zurückzuführen sind. Bei der klinischen Untersuchung gaben 13 Patienten vor der Krankengymnastik Beschwerden an, die nach Therapie nur noch von einem Patienten angegeben wurden. Der Kitaoka-Score betrug vor der KG im Mittel 72,2 (+18,7) Punkte und nach Behandlung 93,3 (+ 11,7) Punkte. Damit zeigt sich eine signifikante Steigerung des Kitaoka-Score als einem subjektiven Parameter (p<0,001) nach erfolgter Therapie. Auf einer nominalen
subjektiven Zufriedenheitsskala von 1 bis 10 nach Behandlung gaben die Patienten einen Mittelwert von 8,3 (+ 1,9) an. Damit lässt sich eine hohe subjektive Besserung der Beschwerdesymptomatik nachweisen. Somit ist die umfassende Therapie unter Einbeziehung des Trainings der Propriozeption, der Koordination und der Kraft bei dem Krankheitsbild der chronischen Sprunggelenkinstabilität als sinnvoll zu erachten und unbedingt anzustreben. Verf.-Referat