Ausmaß, Variabilität und Zeitverlauf von Anpassungserscheinungen an ein 50-wöchiges gesundheitssportliches Ausdauertraining

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Bibliographische Detailangaben
Autor:Scharhag-Rosenberger, Friederike
Veröffentlicht:Saarbrücken: 2008, 140 S., Lit.
Forschungseinrichtung:Universität Saarbrücken / Sportwissenschaftliches Institut
Format: Literatur (SPOLIT)
Publikationstyp: Monografie
Medienart: Elektronische Ressource (online) Gedruckte Ressource
Dokumententyp: Hochschulschrift Dissertation Graue Literatur
Sprache:Deutsch
Schlagworte:
Online Zugang:
Erfassungsnummer:PU201101000288
Quelle:BISp

Abstract

Bislang liegen kaum wissenschaftlich gesicherte Informationen darüber vor, welches Ausmaß, welche Variabilität und welchen Zeitverlauf Anpassungserscheinungen innerhalb des ersten Jahres nach Beginn eines gesundheitssportlichen Ausdauertrainings aufweisen. Die meisten Ausdauertrainingsstudien dauerten nur wenige Monate oder untersuchten für Sporteinsteiger ungeeignet intensive Trainingsprogramme. Kenntnisse der genannten Parameter erscheinen notwendig, um Gesundheitssportler zu betreuen und zukünftige Ausdauertrainingsstudien zu planen. Daher sollten im Rahmen der vorliegenden Studie das Ausmaß, die Variabilität und der Zeitverlauf von verschiedenen leistungsphysiologischen und gesundheitsbezogenen Anpassungserscheinungen an ein gesundheitssportliches Ausdauertraining über ein Jahr untersucht werden. Achtzehn initial untrainierte Probanden (7 Männer/ 11 Frauen; 42 ± 5 Jahre; Body-Mass-Index: 24,3 ± 2,5 kg·m-2; maximale Sauerstoffaufnahme (VO2max): 37,7 ± 4,6 ml·min-1·kg-1) schlossen ein 50-wöchiges Ausdauertrainingsprogramm, bestehend aus dreimal wöchentlich 45 min Laufen oder Walking mit 60 % ihrer initialen Herzfrequenz (HF)-Reserve, ab. Die HF-Vorgabe für das Ausdauertraining blieb im Trainingsverlauf konstant. Alle Trainingseinheiten wurden mittels portabler HF-Messgeräte aufgezeichnet. Laufbandtests zur Bestimmung von HF, Blutlaktatkonzentration und Atemgasparametern sowie venöse Blutentnahmen wurden im Rahmen eines Eignungs- und Gewöhnungstests, eines Eingangstests sowie nach drei, sechs, neun und zwölf Monaten Training durchgeführt. Zusätzlich erfolgten Fahrradergometrien vor Trainingsbeginn und nach Abschluss des Trainings sowie spirometrische Messungen des Ruheumsatzes vor Trainingsbeginn, nach sechs und nach zwölf Monaten Training. Submaximale Feldstufentests zur Bestimmung der HF-Leistungskurve wurden ergänzend innerhalb der ersten drei Trainingsmonate 14-täglich und im weiteren Studienverlauf vierwöchentlich durchgeführt. Im Mittel trainierten die Probanden während der einjährigen Trainingsphase an 2,8 ± 0,2 Tagen pro Woche jeweils 48 ± 3 min. In den vier Zeitabschnitten zwischen den Laufbandtests war die Compliance jeweils gleich (p > 0,20; n = 18). Die Blutlaktatkonzentration während des Ausdauertrainings sank signifikant von im Mittel 1,4 ± 0,2 mmol·l-1 in der elften Trainingswoche auf im Mittel 1,2 ± 0,2 mmol·l-1 in der 47. Trainingswoche (p < 0,01; n = 10). Durch das Ausdauertraining veränderte sich das Körpergewicht der Studienteilnehmer nicht signifikant (p = 0,17; n = 18), während sich der Körperfettanteil signifikant um insgesamt im
Mittel -3,7 ± 2,3 % (-7,8 bis +1,8 %) veränderte (p < 0,001; n = 18). Die VO2max veränderte sich im Trainingsverlauf signifikant um insgesamt durchschnittlich +5,7 ± 4,1 ml·min-1·kg-1 (-1,1 bis +13,8 ml·min-1·kg-1; p < 0,001; n = 17). Nach drei, sechs bzw. neun Monaten Training waren durchschnittlich 58, 75 bzw. 84 % der Ein-Jahres-Gesamtveränderung erreicht. Bei vier der 17 Probanden stieg die VO2max im Trainingsverlauf nicht an. Die Ruheherzfrequenz der Probanden veränderte sich insgesamt um durchschnittlich -9 ± 6 min-1 (-24 bis +1 min-1; p < 0,001; n = 18) und 47 bzw. 102 % der Ein-Jahres-Gesamtveränderung waren nach drei bzw. sechs Monaten Training erreicht. Vier der 18 Studienteilnehmer zeigten keine Abnahme der Ruheherzfrequenz im Trainingsverlauf. Die HF-Leistungskurve beim Laufbandtest verschob sich durch das Ausdauertraining insgesamt um im Mittel -11 ± 7 min-1 (-22 bis +1 min-1; p < 0,001; n = 18). Nach drei bzw. sechs Monaten Training waren 93 bzw. 101 % der Ein-Jahres-Gesamtveränderung erreicht. Bei drei der 18 Probanden verschob sich die HF-Leistungskurve nicht. Die submaximalen Feldstufentests zeigten, dass sich die HFLeistungskurve nach der neunten Trainingswoche nicht mehr signifikant verschob (p > 0,59; n = 18). Die Leistung an der individuellen anaeroben Schwelle (IAS) im fahrradergometrischen Stufentest veränderte sich im Trainingsverlauf signifikant um durchschnittlich +16 ± 9 W (-1 bis +35 W; p < 0,001; n = 15). Bei einem von 15 Studienteilnehmern war kein Anstieg zu beobachten. Der Ruheumsatz der Probanden stieg im Studienverlauf weder absolut noch körpergewichtsbezogen signifikant an (p = 0,43 bzw. p = 0,27; n = 17). Auch der Gesamtcholesterinspiegel und die Unterfraktionen HDL- und LDL-Cholesterin veränderten sich nicht signifikant (p = 0,21 bzw. p = 0,22 bzw. p = 0,16; n = 18). Unter den Studienteilnehmern gab es insgesamt keine „Nonresponder“ in dem Sinne, dass alle Deskriptoren der Ausdauerleistungsfähigkeit ohne Effekt blieben. Alle untersuchten Indikatoren der Ausdauerleistungsfähigkeit hatten nach sechs Trainingsmonaten mindestens 75 % ihrer Ein-Jahres-Gesamtveränderung erreicht. Es erscheint für Gesundheitssportler daher empfehlenswert, ihre Trainingsvorgabe nach etwa diesem Zeitraum zu erhöhen, um weiterhin Leistungsverbesserungen zu erzielen. Ob eine Erhöhung der Trainingsintensität oder des Trainingsumfangs zu bevorzugen ist, geht aus dieser Untersuchung nicht hervor. Da die HF-Leistungskurve bereits nach drei Monaten Training über 90 % ihrer Ein-Jahres-Gesamtveränderung erreicht hatte, scheint sie bei längeren Ausdauertrainingsstudien mit konstanter Trainingsvorgabe der gewählten Intensität und Dauer keinen geeigneten Parameter zur Dokumentation von Verbesserungen der Ausdauerleistungsfähigkeit darzustellen. Bei etwa 70 % der Studienteilnehmer blieb mindestens ein Parameter der Ausdauerleistungsfähigkeit unverändert. Zur kompletten Dokumentation und Charakterisierung individueller Leistungsverbesserungen sollten daher Parameter unterschiedlicher Adaptations- und Messebenen erfasst werden. Die vorliegende Untersuchung wirft Zweifel an der Existenz von globalen Nonrespondern bei gesundheitssportlichem Ausdauertraining auf, weil sich bei jedem Studienteilnehmer mindestens zwei von fünf Indikatoren der Ausdauerleistungsfähigkeit veränderten. Untersuchungen an großen Stichproben sind notwendig, um die Existenz von Ausdauertrainings-Nonrespondern zu klären. Bei konstanter Trainingsvorgabe von 60 % HF-Reserve sind nach einem Jahr dreimal wöchentlich 45 min Ausdauertraining im Mittel Anstiege der VO2max um etwa 6 ml·min-1·kg-1 sowie Absenkungen der Ruheherzfrequenz und der HF-Leistungskurve um etwa 10 min-1 zu erwarten. Verf.-Referat