Forschungstrends in der Sportwissenschaft: Sportpädagogik

Gespeichert in:
Bibliographische Detailangaben
Autor:Hummel, Albrecht
Erschienen in:Ze-phir
Veröffentlicht:3 (1996), 1 (Forschungstrends I), S. 13-14
Format: Literatur (SPOLIT)
Publikationstyp: Zeitschriftenartikel
Medienart: Gedruckte Ressource Elektronische Ressource (online)
Sprache:Deutsch
ISSN:1438-4132, 1617-4895
Schlagworte:
Online Zugang:
Erfassungsnummer:PU201012009442
Quelle:BISp

Abstract

Die Sportwissenschaft ist im Wesentlichen eine angewandte Wissenschaft. Das trifft im besonderen Maße auf die Sportpädagogik und Sportdidaktik zu. Eine „angewandte“ sportwissenschaftliche Disziplin zu sein, hat vor allem eine handlungsorientierende und eine handlungsleitende Funktion gegenüber den Hauptanwendern, also den Sportlehrern, Übungsleitern und Trainern sowie den Bewegungs- und Sporttherapeuten auf qualitativ hohem Niveau zu realisieren. Durch quantitative und qualitative sportpädagogische Forschung sind jene Systeme von Aussagen und Aufforderungen zu gewinnen, insbesondere Aufforderungen in Form von Prinzipien, Methoden und Regeln, die es erlauben, pädagogisches Handeln zu orientieren und anzuleiten. Eine „angewandte“ sportwissenschaftliche Disziplin zu sein, heißt weiterhin, mit Blick auf die Hauptanwender konstruktive Syntheseleistungen vorzubereiten, um diese Synthetisierung nicht allein dem Trainer, Lehrer oder Therapeuten zu überlassen. Unter diesen Gesichtspunkten kann in der weiteren Ausprägung und Profilierung des Anwendungscharakters der Sportpädagogik als sportwissenschaftliche Disziplin eine erste übergreifende Forschungserfordernis gesehen werden. Für die allgemeinbildenden staatlichen Regelschulen, insbesondere für die Primarstufe und die Sekundarstufe I, wurde diesbezüglich bereits ein beachtliches Niveau erreicht. Schon in der Sekundarstufe II, aber noch viel stärker in der Berufsschule, zeichnen sich allerdings deutliche Defizite ab. Als geradezu besorgniserregend muss der forschungsgestützte sportpädagogische Erkenntnisbestand im Bereich des Seniorensports, im Bereich des Präventions- und Rehabilitationssports und ebenso im Hochleistungssport gesehen werden. Dies scheint Verf. wesentlich darauf hinzuweisen, dass die weitere Profilierung der Sportpädagogik als angewandte Disziplin nicht durch eine praktizistisch-technokratische Wende erreicht werden kann oder gar dadurch, dass man auf Distanz zur Theoriebildung geht, ganz im Gegenteil. Dieses Forschungserfordernis ist nur über systematische Theoriebildung einzulösen, also es geht um eine bestimmte Art und Qualität von Theorie, eben jenes System von theoretischen Aussagen und Aufforderungen, die menschliches Handeln orientieren und anleiten. Zwei weitere große Forschungserfordernisse der Sportpädagogik herauszustellen: Erstens, die dringende Notwendigkeit, historische Sportpädagogik zu betreiben, und zweitens, die dringende Notwendigkeit, vergleichende Sportpädagogik zu betreiben. Die neuere bundesrepublikanische Sportpädagogik ist Verf. zufolge in einem erschreckenden Maße ahistorisch und selbstbespiegelnd, was zwangsläufig mit einem Verlust an Wissenschaftlichkeit einhergeht und viel direkter, als vermutet, die weitere Profilierung der Sportpädagogik als angewandte sportwissenschaftliche Disziplin mit besonderer Verantwortung bremst. Schiffer (unter Verwendung wörtlicher Textpassagen)