Bin ich schön? „Identität und Geschlecht“: Bericht zur 6. Tagung der dvs-Kommission „Frauenforschung in der Sportwissenschaft“ vom 18.-20.9.98 in Hamburg

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Bibliographische Detailangaben
Autor:Leites, Kordula
Erschienen in:Ze-phir
Veröffentlicht:6 (1999), 1 (Drittmittelforschung & -förderung), S. 42-43
Format: Literatur (SPOLIT)
Publikationstyp: Zeitschriftenartikel
Medienart: Gedruckte Ressource Elektronische Ressource (online)
Sprache:Deutsch
ISSN:1438-4132, 1617-4895
Schlagworte:
Online Zugang:
Erfassungsnummer:PU201011009092
Quelle:BISp

Abstract

Die 6. Tagung der dvs-Kommission „Frauenforschung in der Sportwissenschaft“ am 18.-20.9.98 in Hamburg bot sowohl Reflexionen und Diskurse, Theorien und Theoreme, die „Arbeit am Begriff“ als auch Beschreibungen und Praxisanalysen sowie die Präsentation des Alltags. Beides wurde bei der Tagung geboten und durch den forschenden Blick auf den immer auch als Geschlecht identifizierten Körper eines sich bewegenden Menschen miteinander verknüpft. Aus der Fülle der Beiträge referiert Verf. folgende subjektiv als bemerkenswert eingestufte Ergebnisse: Axel Wernicke versuchte, dem Männersport durch Erinnerungsarbeit auf die Spur zu kommen und stellte fest, dass die Männer ihre sportliche Praxis als eine in sich geschlossene, widerspruchs- und konfliktfreie Welt erleben. Allerdings gerät ihnen die Rückkehr in den Alltag zur Krise, weil dort das „männliche Ritual“ einer ungebrochenen männlichen Identität keinen Bestand mehr hat. Wenn Männlichkeit und Weiblichkeit die Pole des Geschlechterdualismus bezeichnen und Männlichkeit sich im Sport vollkommen verwirklichen kann, stellt sich die Frage, ob Weiblichkeit dort überhaupt einen Platz finden kann. Für Heike Kahlert, die Identität im Licht einer als reflexiv eingeschätzten Moderne betrachtete, ist Geschlecht eine gesellschaftliche Strukturkategorie. Es determiniert die Konstruktionsmöglichkeiten des Ich maßgeblich und dient als Kategorie sozialer Verschieden- und damit auch als Ungleichheit der Durchsetzung von (männlicher) Macht und Herrschaft. Geschlecht ist demnach keine wähl- oder austauschbare Rolle, sondern eine biologisch vorgegebene soziale Existenzweise. Der alltäglichen Verwirklichung der Frau in unserer Welt widmeten sich mehrere Referentinnen. Gitta Mühlenachs zeigte anhand von Werbebildern die Klischees des dualistischen Geschlechterkonzepts auf, ließ jedoch die Frage nach der Symbolik der (Post-)Moderne offen. Christa Kleindienst-Cachay fand durch Befragung leistungsorientierter Musliminnen Aspekte einer kulturspezifischen weiblichen Identitätsausbildung auch im Sport wieder. Gertrud Pfister stellte in Interviews fest, dass Sportlerinnen ihre Sportpraxis als biographisch bedeutsam reflektieren. Beate Blanke brachte einen neuen Akzent durch die neurologische Perspektive ein: Bewegungsmuster werden vom Subjekt in sozialen Kontexten erprobt, emotional bewertet und schließlich Bestandteil der Identität. (Ein Mädchen schlägt sich nicht!) Hervorgehoben wurde, dass der Begriff von „Geschlecht“ sowohl der Ausgangspunkt als auch das Produkt des sich selbst identifizierenden Prozesses ist und dass das Verhältnis von Sportpraxis und Identitätsbildung nur dialektisch denkbar ist. Zu erforschen bleibt das Geschlecht des Sports. Die Begegnung der Wissenschaftsdisziplinen Soziologie, Bewegungstheorie und Psychologie am Begriff brachte zuallererst die Erkenntnis, dass sie sich in Theorie und Methode unterscheiden. Eine Anschlussfähigkeit ließe sich Verf. zufolge leichter am konkreten Problem erweisen. So lautete am Ende der Tagung das Resümee von Beate Blanke und Katharina Fietze auch, dass zwar viele Bausteine zusammengetragen, für die Architektur des gemeinsamen Hauses jedoch erst Ideen gesammelt wurden. Schiffer (unter Verwendung wörtlicher Textpassagen)