Haltungsregulation in der Lebensspanne

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Bibliographische Detailangaben
Autor:Schwesig, René
Erschienen in:Training und Gesundheit bei Kindern und Jugendlichen : aktuelle Beiträge zu Ehren von Prof. Dr. Dr. Ferdinand Klimt
Veröffentlicht:Hamburg: Feldhaus, Edition Czwalina (Verlag), 2010, S. 45-55, Lit.
Herausgeber:Deutsche Vereinigung für Sportwissenschaft
Format: Literatur (SPOLIT)
Publikationstyp: Sammelwerksbeitrag
Medienart: Gedruckte Ressource
Sprache:Deutsch
Schlagworte:
Online Zugang:
Erfassungsnummer:PU201007005359
Quelle:BISp

Abstract

Um die Anpassungsfähigkeit und Trainierbarkeit des posturalen Systems sicher beurteilen zu können, sind alters- und geschlechtsspezifische Referenzwerte unabdingbar. Diesbezügliche systematische Untersuchungen, aus denen sich Aussagen zur Plastizität des posturalen Systems in der Lebensspanne ableiten lassen, liegen bislang nicht vor. Ursache hierfür ist ein eklatanter Mangel an geeigneten Assessments, da diese in der Regel alters- oder/und zielgruppenlimitiert sowie trainierbar sind. Ziel dieser Querschnittsuntersuchung war es, mittels Posturographie (Interaktives Balancesystem, IBS), alters- und geschlechtsspezifische Referenzdaten an einer Stichprobe beschwerdefreier (gesunder) Personen über die Lebensspanne zu erheben. Das IBS ermöglicht die frequenzanalytische Parametrisierung der posturalen Subsysteme (visuell, peripher-vestibulär, somatosensorisch, nigrostriatal, cerebellär) sowie die Beurteilung der posturalen Stabilität (Stabilitätsindikator, ST). Die erhobenen posturographischen Daten (n=1.894) wurden unter Verwendung definierter Ausschlusskriterien selektiert. Die alters- und geschlechtsspezifische Auswertung erfolgte stratifiziert auf der Basis von neun Altersgruppen. Die größte posturale Stabilität (Parameter: ST) fand sich im Altersbereich 20.1-30.0 Lebensjahre. Erst ab dem 50. Lebensjahr war ein signifikanter (p=0.036) posturaler Leistungsrückgang zu beobachten. Die Entwicklungsverläufe der posturographischen Parameter zeigten zudem ein deutliches Leistungsminimum im frühen und mittleren Kindesalter. Der ab dem mittleren Erwachsenenalter beginnende stetige Leistungsabfall manifestierte sich im Bereich der posturalen Subsysteme vor allem im somatosensorischen (F 5-6) und cerebellären System (F 7-8). Die deutlichen Anstiege in diesen Frequenzbereichen sind vermutlich als kompensatorische Gegenreaktion auf die altersbedingt reduzierte visuelle und nigrostriatale Aktivität/Leistungsfähigkeit (F 1) zu interpretieren. Geschlechtsspezifisch ist zu konstatieren, dass die Frauen den Männern über die gesamte Lebensspanne hinsichtlich der Haltungsregulation überlegen sind, wobei diese Überlegenheit im Kindes- und Jugendalter signifikant ist. Allein die Tatsache, dass es mit dem IBS möglich ist, die Haltungsregulation über die gesamte Lebensspanne zu erfassen, unterscheidet dieses Messsystem von fast allen Assessments in diesem Anwendungsfeld und qualifiziert das IBS für Screeninguntersuchungen. Die erhobenen alters- und geschlechtsspezifischen Referenzdaten stellen gewissermaßen das Fundament für zukünftige Untersuchungen mit dem IBS dar und verleihen dem posturographischen Befund noch mehr Zuverlässigkeit und Aussagekraft. Die Untersuchungsergebnisse zeigen, dass das posturale System in allen Altersbereichen ein hohes Maß an Plastizität besitzt, woraus sich zugleich ein erhebliches präventives und rehabilitatives Potential ableiten lässt. Verf.-Referat