Über die Möglichkeit universell gültiger Mindeststandards im Körperumgang

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Bibliographische Detailangaben
Autor:Caysa, Volker
Erschienen in:Körperkultur. Band 2
Veröffentlicht:Münster: Hofmann (Verlag), 2009, S. 51-63, Lit.
Format: Literatur (SPOLIT)
Publikationstyp: Sammelwerksbeitrag
Medienart: Gedruckte Ressource
Sprache:Deutsch
Schlagworte:
Online Zugang:
Erfassungsnummer:PU201005004169
Quelle:BISp

Abstract

Die Aufgabe der Körperkultur, die nicht mehr von einer konstanten, endgültigen, substanzialistischen Körpernatur (s. hierzu auch Stenger und Wetz in Körperkultur, Band 1) ausgehen kann, sondern von der Natur als Kultur, d.h. von geschichtlich geformten und technologisch veränderten natürlichen Gegebenheiten ausgehen muss, kann nicht länger allein unter den Aspekten von Bewegung, Ernährung, Rhythmisierung, Wechsel von Belastung und Erholung usw. gesehen werden –diese Bereiche erscheinen eher als „weiche" Faktoren. Mit der hochtechnologisch-biopolitischen Entwicklung eröffnen sich darüber hinaus weit reichende und tief greifende Möglichkeiten und Gefährdungen für den Menschen, seinen Körper zu gestalten – Doping, pharmazeutische Substanzen, chirurgische Eingriffe, Genmanipulation usw. Angesichts dieser Situation geht Verf. in seinem philosophischen Beitrag der ethischen Frage nach, ob es hinsichtlich der Körperkultur – trotz der Relativität und Historizität – ethische Mindeststandards geben kann, ob sich für sie ein gemeinsamer Grund und gemeinsame Beurteilungskriterien aufweisen lassen, und welche Standards dies sein können. Der Autor erweist die Annahme eines common body als zutreffend – die Annahme, dass es übergreifende Bewertungskriterien und Abgrenzungen gegenüber intolerablen, selbstzerstörerischen Körperverhältnissen gibt. Als Kriterien einer Körperkultur arbeitet er heraus: - einen Natürlichkeits-, Unterlassungs- und Vermeidungsmodus mit dem Ziel, absehbare, irreversible Schädigungen zu vermeiden; - die Rücksicht auf das Eigenleben des Körpers; - ein bejahenswertes Leben, das ohne einen bejahenswerten Umgang mit dem Körper unmöglich ist; die Orientierung an einem nachhaltigen, wiederholbaren Umgang mit unserem Körper; - ein Körperselbstverhältnis, das die Wahlfreiheit im Bezug auf den eigenen Körper nicht abschafft; - die Garantie, dass wir selbst entscheidungsfähige Subjekte im Hinblick auf unseren Körper bleiben und nicht Projekte anderer werden – etwa der Bioindustrie oder der Biopolitik; - einen fairen und nachhaltigen Körperumgang, der den Körper nicht verrohstofflicht und versklavt, sondern die eigene Existenz und die zukünftigen Entwicklungsmöglichkeiten autonomen Personseins sichert. Die Gedanken des Verf. zu einer leibökologischen Körperkultur laufen in einer Abänderung des Kantschen kategorischen Imperativs zusammen: „Handle so, dass du die verwendete Körperpraktik immer wieder wollen kannst und du den anderen und dir selbst niemals bloß Mittel, sondern immer auch Zweck bist". Überblick (geändert)