Mittendrin und doch abseits: Frauen in japanischen Fußballstadien

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Bibliographische Detailangaben
Autor:Tagsold, Christian
Erschienen in:Gender kicks : Texte zu Fußball und Geschlecht
Veröffentlicht:Frankfurt a.M.: Deutsche Sportjugend / Koordinationsstelle Fan-Projekte (Verlag), 2005, S. 89-98, Lit.
Format: Literatur (SPOLIT)
Publikationstyp: Sammelwerksbeitrag
Medienart: Gedruckte Ressource
Sprache:Deutsch
Schlagworte:
Online Zugang:
Erfassungsnummer:PU201001001240
Quelle:BISp

Abstract

Fast die Hälfte der Fans in J.League-Stadien sind normalerweise Frauen, bei denen es sich keineswegs um dekorative Spielerfrauen oder Mütter handelt, die ihre Söhne zum Spiel begleiten. Die weiblichen Fans bevölkern ebenso wie ihre männlichen Pendants die Fankurven und stehen diesen in nichts nach, wenn es darum geht, das eigene Team nach vorne zu bringen. Sie sind gleichberechtigter Teil einer agilen, bunten und dabei sehr friedlichen Stadionkultur. Die Fankultur in Japan scheint also im Hinblick auf Genderfragen weit ausgewogener, als dies in Europa oder Südamerika der Fall ist, wo männliche Fußballfans die Szene trotz der zunehmenden Öffnung gegenüber Frauen die Szene doch noch maskulin prägen. Allerdings scheint die Tatsache, dass eigene Fanklubs und Fanorganisationen von Frauen oder für Frauen in Japan fehlen, darauf hinzudeuten, dass Genderfragen in den japanischen Stadien nicht bis zur letzten Konsequenz ausgefochten werden. Tatsächlich weist Verf. nach, dass Frauen, als werberelevante und konsumorientierte Gruppe, von der J.League zu Beginn der 1990er Jahre bewusst angesprochen wurden, um Fußball als Produkt in Konkurrenz zum traditionellen, männlich dominierten Baseballspiel, bei dem es sich in Japan um die größte Zuschauersportart handelt, lancieren zu können. „Insofern sind die zahlreichen weiblichen Fußballfans in Japan nicht unbedingt ein Ausdruck der Befreiung von Genderzuschreibungen und -beschränkungen. Vielmehr werden diese Grenzen mancherorts vielleicht eingerissen, andernorts aber neu gezogen und anders verlegt. Daher sind die weiblichen Fußballfans in Japan einerseits mitten im Geschehen, andererseits aber auch abseits, denn trotz aller Erfolge der J.League ist die beherrschende Massenzuschauersportart in Japan weiterhin Baseball. Solange dort Frauen als Fans in der absoluten Minderheit sind, kann keine Rede davon sein, dass sich ihre Anwesenheit beim Fußball mit einer Öffnung und Vermischung der Sportkultur insgesamt gleichsetzen lässt. Eher lässt sich behaupten, dass sich mit der Gründung der J.League im Fußball eine spezifische Nische für weibliche Fans geöffnet hat.“ Schiffer (unter Verwendung wörtlicher Textpassagen)