Fußball als Schutzraum für Männlichkeit? : ethnographische Anmerkungen zum Spielraum für Geschlechter im Stadion

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Bibliographische Detailangaben
Autor:Sülzle, Almut
Erschienen in:Gender kicks : Texte zu Fußball und Geschlecht
Veröffentlicht:Frankfurt a.M.: Deutsche Sportjugend / Koordinationsstelle Fan-Projekte (Verlag), 2005, S. 37-51, Lit.
Format: Literatur (SPOLIT)
Publikationstyp: Sammelwerksbeitrag
Medienart: Gedruckte Ressource
Sprache:Deutsch
Schlagworte:
Online Zugang:
Erfassungsnummer:PU201001001230
Quelle:BISp

Abstract

Zumindest für manche Fans ist das Fußballstadion der letzte Ort, an dem sie „echte Männlichkeit“ leben können. Kurz: Fußball ist eine Männerwelt. Dabei ist es nicht so sehr die zahlenmäßige Überlegenheit männlicher Fußballfans (70-80 %), sondern es sind der Mythos, die Geschichte und die kulturelle Wertigkeit, die zur männlichen Konnotation des Fußballstadions beitragen. Die hohe Aufmerksamkeit, die der Frauenfußball seit der gewonnenen WM 2004 genießt, unterstreicht lediglich den Ausnahmestatus von Fußballerinnen, weiblichen Fans und Sportschaumoderatorinnen. Dies zeigt auch, dass Fußball keineswegs, wie so oft behauptet wird, ein Abbild oder Spiegel der Gesellschaft ist. Schon alleine der geringe Anteil von Frauen und der noch geringere an Ausländern und offen Homosexuellen im Publikum spricht gegen die Gleichsetzung von Stadion und Gesellschaft. Trotz dieser Befunde lassen sich sowohl auf dem Platz als auch auf den Rängen Veränderungen im Bezug auf Geschlecht beschreiben: 1. Für die männerbewegte Linke wie für die Schwulenbewegung war die Ablehnung von hegemonialer Männlichkeit lange Zeit synonym mit der Ablehnung von Fußball. Diese Gleichsetzung gilt heute nicht mehr. 2. Das Interesse an Fußball ist nicht mehr exklusiv männlich: 51 % der Frauen und 52 % der Männer sagen in einer Emnid-Umfrage, sie schauten wichtige Länderspiele im Fernsehen an. 3. Nach den Kommerzialisierungsvorstellungen der Vereinsmanager soll der Fußball ein familienfreundliches Ereignis werden – weg vom proletenhaften Stehplatzpublikum hin zu einem zahlungskräftigen Eventpublikum. Dadurch werden Frauen als Zuschauerinnen erstmals angesprochen und wahrgenommen. Aber trotz dieser Veränderungen erweist sich die Fußballfankultur als äußerst hartnäckig männlich und der Zusammenhang zwischen Fußball und Männlichkeit wird nicht in Frage gestellt. Vor diesem Hintergrund stellt Verf. die These auf, dass die im Fußball verkörperten traditionellen Männlichkeiten ein wichtiger Faktor für männliche wie auch weibliche Fußballfans sind. Mit der ihm innewohnenden symbolischen Darstellung einer gesellschaftlich veralteten traditionellen Männlichkeit stellt Fußball auch eine Art Rückgrat moderner hegemonialer Männlichkeit dar. Fußball ist u. a. dazu dienlich, beliebig widersprüchliche Dinge, Menschen, Bilder und Verhaltensweisen männlich zu machen. „Schon eine geschickt eingesetzte Fußballmetapher genügt für ein männerbündisches Augenzwinkern über alle Milieus hinweg, und es darf manchmal sogar eine Frau sein, die zurückzwinkert.“ Schiffer (unter Verwendung wörtlicher Textpassagen)