BSV Mosaik 2000. Ethnographie einer alevitischen Berliner Mannschaft

Gespeichert in:
Bibliographische Detailangaben
Autor:Richter, Thomas
Erschienen in:Aus der Halbdistanz : Fußballbiographien und Fußballkulturen heute
Veröffentlicht:Münster: Lit-Verl. (Verlag), 2007, S. 155-164, Lit.
Format: Literatur (SPOLIT)
Publikationstyp: Sammelwerksbeitrag
Medienart: Gedruckte Ressource
Sprache:Deutsch
Schlagworte:
Online Zugang:
Erfassungsnummer:PU201001000522
Quelle:BISp

Abstract

Beim Berliner Landesliga-Fußballverein BSV Mosaik handelt es sich nicht um eine „gewöhnliche“ türkische Mannschaft, sondern um einen Verein, dessen Spieler vornehmlich Aleviten sind, Angehörige einer vor allem in den anatolischen Bergdörfern beheimateten muslimischen Glaubensgemeinschaft, die mit den für andere Muslime religiös verbindlichen Vorschriften liberal umgehen. Die von Verf. durchgeführte Untersuchung des BSV Mosaik konzentriert sich auf die Funktionen und Bedeutungen, die der BSV Mosaik für seine Mitglieder besitzt. Im Vordergrund standen folgende Fragen: „Wie verortet man sich selbst als Verein und inwieweit tut man dies, im Fußball wie auch sonst in der Gesellschaft, vor allem durch Abgrenzung und Sich-in-Beziehung-Setzen zu anderen Akteuren? Soll der Verein Mosaik etwas repräsentieren und wenn ja, wie tut er dies? Wirken im und um den Verein ‚Kräfte und Felder’ türkischer, sunnitischer, alevitischer und deutscher Identitäten und Sichtweisen aufeinander? Welche sozialen Hierarchien bestehen eventuell?“ Gleichzeitig wollte Verf. untersuchen, was bei Mosaik als „alevitisch“ verstanden wird und wie sich dieses Selbstverständnis artikuliert. Es stellte sich heraus, dass die Bedeutung des BSV Mosaik ohne den 1998 gegründeten Kulturverein Tokat e. V. nicht erklärbar ist. Aus diesem Verein heraus wurde Mosaik gegründet, um als Ventil und Kommunikationsplattform nach außen zu dienen. Die meisten Spieler sind Mitglied von Tokat und der Fußball soll als Möglichkeit dienen, sich zu präsentieren und einen bestimmten, alevitisch geprägten Geist besonders innerhalb der Mannschaft zu vermitteln und zu verbreiten. Der Tokat spielt eindeutig eine identitätsstiftende Rolle im Fußballverein. Mosaik sieht sich selbst als Verein, der die „moderne Türkei“ repräsentiert. „Andererseits soll das Mosaik Türkei auch für andere Nationalitäten geöffnet werden. Die gemeinsame Grundlage sollen demokratische und tolerante Gesinnung bilden sowie bestimmte menschliche Eigenschaften, die in der Bezeichnung ‚Efendi’ zum Ausdruck kommen. Das umfasst einen bestimmten intellektuellen Anspruch genauso wie Teamgeist, eine soziale Ader und Manieren.“ Alevitisch gedeutete Eigenschaften sind bei Mosaik tatsächlich zu beobachten. Dazu gehört bspw. das Aufkommen eines schlechten Gewissens gegenüber wartenden Einwechselspielern. „Uneigennützigkeit kennzeichnet auch die Spielweise von Mosaik und wirkt sich offensichtlich positiv auf Spielfluss und sportlichen Erfolg aus.“ Schiffer (unter Verwendung wörtlicher Textpassagen)