Das posturale System in Abhängigkeit von Alter und Geschlecht

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Bibliographische Detailangaben
Englischer übersetzter Titel:The postural system in relation to age and gender
Autor:Schwesig, René; Lauenroth, A.; Becker, S.; Hottenrott, Kuno
Erschienen in:Manuelle Medizin
Veröffentlicht:44 (2006), 5, S. 385-390, Lit.
Format: Literatur (SPOLIT)
Publikationstyp: Zeitschriftenartikel
Medienart: Gedruckte Ressource
Sprache:Deutsch
ISSN:0025-2514, 1433-0466
Schlagworte:
Online Zugang:
Erfassungsnummer:PU200909004430
Quelle:BISp

Abstract des Autors

Hintergrund: Um die Anpassungsfähigkeit und Trainierbarkeit des posturalen Systems sicher beurteilen zu können, sind alters- und geschlechtsspezifische Referenzwerte unabdingbar. Diesbezügliche systematische Untersuchungen, aus denen sich Aussagen zur Plastizität des posturalen Systems in der Lebensspanne ableiten lassen, liegen bislang nicht vor. Ursache hierfür ist ein eklatanter Mangel an geeigneten Assessments, da diese in der Regel alters- oder/und zielgruppenlimitiert sowie trainierbar sind. Methodik: Das IBS ermöglicht die frequenzanalytische Parametrisierung der posturalen Subsysteme (visuell, peripher-vestibulär, somatosensorisch, nigrostriatal, zerebellär) sowie die Beurteilung der posturalen Stabilität (Stabilitätsindikator). Die erhobenen posturografischen Daten (n=1894) wurden unter Verwendung definierter Ausschlusskriterien selektiert. Die alters- und geschlechtsspezifische Auswertung erfolgte stratifiziert auf der Basis von neun Altersgruppen. Ergebnisse und Diskussion: Die größte posturale Stabilität (Parameter ST) fand sich im Altersbereich 20,1–30,0 Lebensjahre. Erst ab dem 50. Lebensjahr war ein signifikanter (p=0,036) posturaler Leistungsrückgang zu beobachten. Die Entwicklungsverläufe der posturografischen Parameter zeigten zudem ein deutliches Leistungsminimum im frühen und mittleren Kindesalter. Der ab dem mittleren Erwachsenenalter beginnende stetige Leistungsabfall manifestierte sich im Bereich der posturalen Subsysteme, vor allem im somatosensorischen (F 5–6) und zerebellären System (F 7–8). Die deutlichen Anstiege in diesen Frequenzbereichen sind vermutlich als kompensatorische Gegenreaktion auf die altersbedingt reduzierte visuelle und nigrostriatale Aktivität/Leistungsfähigkeit (F 1) zu interpretieren. Geschlechtsspezifisch ist zu konstatieren, dass die Frauen den Männern über die gesamte Lebensspanne hinsichtlich der Haltungsregulation überlegen sind, wobei diese Überlegenheit im Kindes- und Jugendalter signifikant ist.
Schlussfolgerung Allein die Tatsache, dass es mit dem IBS möglich ist, die Haltungsregulation über die gesamte Lebensspanne zu erfassen, unterscheidet dieses Messsystem von fast allen Assessments in diesem Anwendungsfeld und qualifiziert das IBS für Screeninguntersuchungen. Die erhobenen alters- und geschlechtsspezifischen Referenzdaten stellen gewissermaßen das Fundament für zukünftige Untersuchungen mit dem IBS dar und verleihen dem posturografischen Befund noch mehr Zuverlässigkeit und Aussagekraft. Die Untersuchungsergebnisse zeigen, dass das posturale System in allen Altersbereichen ein hohes Maß an Plastizität besitzt, woraus sich zugleich ein erhebliches präventives und rehabilitatives Potenzial ableiten lässt. Verf.-Referat

Abstract des Autors

Background: Age- and gender-dependent reference data are indispensable for reliable evaluation of the adaptation and training capacity of the postural system. Systematic studies which allow an interpretation of the plasticity of the postural system during a life span do not exist today due to the lack of appropriate assessment tools. Those tools are still limited to either age or target group.
Hypothesis The goal of this cross- sectional study was to obtain age- and gender-specific reference data with posturography (interactive balance system, IBS) in a healthy study group during their life span. Methods: The IBS allows a frequency analytic parametrization of postural subsystems (visual, peripheral-vestibular, somatosensory, nigrostriatal, cerebellar) and an interpretation of the postural stability (stability indicator). The posturographic data obtained (n=1894) were selected using defined exclusion criteria: the age- and gender-specific analysis was stratified according to nine age groups. Results and discussion: The highest postural stability (parameter: ST) was found in the 20.1–30.0 age group. A significant loss of postural capacity was only noted after the age of 50 (p=0.036). Furthermore, the progression curves of the posturographic parameters showed a clear capacity deficit in early and middle infancy. The constant loss of capacity during middle adulthood was especially reflected in the somatosensory (F 5–6) and cerebellar (F 7–8) postural subgroups. Those results can be interpreted as a compensatory reaction to the age-related loss of visual and nigrostriatal activity (F 1). Gender-related results showed a clear female predominance over males regarding postural regulation, which was significant in infancy and adolescence. Conclusion: The interpretation capacity of the postural regulation over a whole life span with the IBS system makes it different from all other investigational tools and shows a clear validity for screening examinations. The age- and gender-specific data obtained are a basis for further investigation with the IBS and give the postural exam more significance and reliability. The results show a high plasticity of the IBS in all age groups combining a considerable preventive and rehabilitative potential. Verf.-Referat