"Die erste Schwalbe" - Fußball im Film

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Bibliographische Detailangaben
Autor:Pflügl, Helmut
Erschienen in:Die Kanten des runden Leders: Beiträge zur europäischen Fußballkultur
Veröffentlicht:Wien: Promedia Verlag (Verlag), 1991, S. 231-240, Lit.
Format: Literatur (SPOLIT)
Publikationstyp: Sammelwerksbeitrag
Medienart: Gedruckte Ressource
Sprache:Deutsch
Schlagworte:
Online Zugang:
Erfassungsnummer:PU200712003500
Quelle:BISp

Abstract

Das früheste eigenständige Filmdokument, das das ‚Österreichische Filmarchiv’ zum Fußball besitzt, stammt aus dem Jahr 1923. Es handelt sich um einen fragmentarischen Bericht vom Länderspiel Österreich gegen Italien am 15. April auf der Hohen Warte in Wien. Die von dieser Zeit an immer häufiger genutzte Möglichkeit zur ausgiebigen Selbstdarstellung im Film, vor allen in den Wochenschauen, steigerte die Beliebtheit des Fußballs enorm. Die mittlerweile enge Interessensgemeinschaft von Fußballsport und Filmdokumentation fand aber kaum Widerhall im Spielfilm, obwohl beide mehr gemeinsame Wesensmerkmale aufweisen, als man auf den ersten Blick annehmen mag. Beide sind nur auf der Basis einer kollektiven Anstrengung möglich. Ohne Teamwork gibt es keinen Film und auch kein Fußballspiel. Die Rollen von Regisseuren, Produzenten, Kameraleuten, Kostümbildnern, Assistenten übernehmen im Fußball Trainer, Manager, Talentsucher, Masseure, Mediziner usw. Es sind jedoch die Fußballspieler, die die Parallelen zu künstlerischen Ausdrucksformen des Films am sinnfälligsten erscheinen lassen. Sie zeichnen innerhalb ihrer abgesteckten „Leinwand“ – nach mehr oder weniger festgelegten Regeln der Erzählkunst – jene szenischen Einfälle während eines vorgegebenen zeitlichen Rahmens als choreographische Spuren in den Rasen, die den Fußball für den Zuschauer zu einem – dem Spielfilm sinnverwandten – rituellen Schauspiel werden lassen. Die zur Schau gestellte Handlung wird zum Ritual, weil sie im Kopf des Betrachters zur emotionalen Fiktion eigenen Erlebens umgepolt wird. Auf der Tribüne des Stadions wie im Kinosaal sucht der Betrachter die eigene Identität im projizierten Geschehen. Bei derart auffälligen Gemeinsamkeiten ist es verwunderlich, dass der Fußball, trotz seiner Omnipräsenz als dokumentarisches Abbild in den visuellen Medien, relativ selten in den Spielfilm Eingang gefunden hat. Dies hat vermutlich damit zu tun, dass die meisten Fußballfans lieber das Spiel selbst erleben als eine Geschichte über Leute zu verfolgen, die in irgendeiner Weise mit dem Fußball zu tun haben. Die Attraktivität des Spiels sperrt sich gewissermaßen gegen verfremdende Fiktion. Dennoch hat die Filmgeschichte Beispiele zum Thema Fußball hervorgebracht, die nicht nur interessante Aspekte aufgreifen, sondern auch ein hohes künstlerisches Niveau besitzen. Sie behandeln die Pionierzeit des Fußballs, den Existenzkampf kleiner Vereine in Krisenzeiten und das Phänomen des modernen Fußball-TV-Konsumenten. Drei entsprechende Filmbeispiele stellt Verf. ausführlicher vor: 1. „Fußball der guten alten Zeit“ (Ungarn, 1973); 2. „Die erste Schwalbe: Wie der Fußball nach Georgien kam“ (Sowjetunion, 1975); 3. „Verzeihung, sehen Sie Fußball?“ (DDR, 1982). Diese Filme vermitteln eine Ahnung davon, welche Möglichkeiten dem Spielfilm innewohnen, das Sujet Fußball künstlerisch zu durchleuchten. Schiffer (unter Verwendung wörtlicher Textpassagen)