Wilhelm Benarys Breslauer Promotion im Lichte der Archivalien

Gespeichert in:
Bibliographische Detailangaben
Autor:Court, Jürgen
Erschienen in:Olympisch bewegt : Festschrift zum 60. Geburtstag von Prof. Dr. Manfred Lämmer
Veröffentlicht:Köln: 2003, 331-338, Lit.
Herausgeber:Deutsche Sporthochschule Köln / Institut für Sportgeschichte; Deutsche Sporthochschule Köln / Carl-und Liselott-Diem-Archiv
Format: Literatur (SPOLIT)
Publikationstyp: Sammelwerksbeitrag
Medienart: Gedruckte Ressource
Sprache:Deutsch
Schlagworte:
Online Zugang:
Erfassungsnummer:PU200703000554
Quelle:BISp

Abstract

Wilhelm Benarys Dissertation „Der Sport als Individual- und Sozialerscheinung“ von 1913 gilt als Ausgangspunkt der Sportpsychologie. Wilhelm Benary entstammte einer reichen jüdischen Kaufmannsfamilie aus Erfurt, die weltweiten Handel betrieb. Von seinem Vater John erhielt Benary das Versprechen, ihn unabhängig von seinem Berufswusch und Studienahl zeitlebens finanziell zu unterstützen. So nahm Benary zunächst ein Medizinstudium in Breslau auf, das er bereits nach einem Jahr wieder abbrach. Es folgte ein Semester Philosophie an der Universität in Freiburg, bevor er seinen einjährigen Militärdienst in Mainz ableistete. Anschließend kehrte er nach Breslau zurück, um sein Philosophiestudium fortzusetzen. Besonderes Interesse zeigte Benary an den Veranstaltungen von Professor William Stern, der an seinem philosophischen Seminar, das eine historisch-systematische und eine psychologische Abteilung besaß, regelmäßige psychologische Übungen und experimentelle Demonstrationen veranstaltete. In seiner Disseration greift Benary Gedankengänge Sterns auf, die dieser in seinem Werk „Psychologie der frühen Kindheit“ zum Thema Psychologie des Spiels angestellt hatte. Benary mit seinem theoretischen und praktischen Interesse am Sport (Tennis, Reiten) musste geradezu als prädestiniert gelten, diese Überlegungen auf den Sport zu übertragen. Erstaunlich erscheint, dass in der Weimarer Republik mit ihren ersten Versuchen einer institutionalisierten Sportpsychologie an der Deutschen Hochschule für Leibesübungen und der preußischen Hochschule für Leibesübungen Benarys Arbeit so gut wie keine Spuren hinterlassen hat. Dies lässt sich v.a. dadurch erklären, dass Benary selbst sich nach dem Ersten Weltkrieg der Gestalt- und Ganzheitspsychologie zuwandte. Außerdem erwies sich Benarys Arbeit als „unzeitgemäßer Vorgriff“ in einer Zeit, in der eine rein begriffliche Analyse durch eine anwendungsorientierte Psychologie verdrängt wurde. (Amendt)