Abstract des BISp

Verf. plädiert für eine wissenschaftliche Auseinandersetzung mit den Olympischen Spielen 1972 in München aus der Perspektive des DDR-Alltags. Forschungsgegenstände solcher Untersuchungen könnten die Diskussion über nationale Gemeinsamkeiten, die Rezeption des West- im Vergleich mit dem Ostfernsehen, die Zuordnung von Sympathien für die Sportler sowie die Reflexion über die Entsendung einer Olympia-Touristengruppe nach München sein. Als Beispiele für eine solche Forschungsperspektive wird aus zwei Dokumenten aus dem Bundesarchiv in Berlin zitiert. Das erste ist ein Schreiben des Abteilungsleiters der Geschäftstelle des Staatsrates der DDR, Kelle, an den Leiter der Abteilung Sport beim Zentralkomitee der SED, Rudi Hellmann, das sich mit der Frage der Olympia-Touristen beschäftigt. Die zweite Quelle ist ein Verhaltenskodex für die DDR-Olympia-Athleten. Darin wird bezüglich des Umgangs mit BRD-Sportlern u.a. festgehalten: keine Kontaktaufnahme, Zurückweisung aller Provokationen, bei unvermeidlicher Kontaktaufnahme klare Argumentation im Sinne der DDR und anschließende Meldung des Vorfalls, gemeinsame Bildmotive vermeiden, bei Siegerehrungen sachlich korrektes Verhalten (Annahme von Glückwünschen, selbst Glückwünsche aussprechen). Eine Untersuchung, die sich mit der Umsetzung und – gegebenenfalls – mit der Unterwanderung dieser Direktive beschäftigt, wird angeregt. (Amendt)