Der Ball ist rund - Zur Ikonographie des Fußballs

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Bibliographische Detailangaben
Autor:Höfchen, Heinz
Erschienen in:Fußball in der Kunst: Pfalzgalerie Kaiserslautern, 15. Oktober bis 26. November 1989; Leopold-Hoesch-Museum Düren, 10. Dezember 1989 bis 21. Januar 1990
Veröffentlicht:Kaiserslautern: Graphische Kunstanstalt Georg Gehringer (Verlag), 1989, S. 7-10
Herausgeber:Pfalzgalerie Kaiserslautern
Format: Literatur (SPOLIT)
Publikationstyp: Sammelwerksbeitrag
Medienart: Gedruckte Ressource
Sprache:Deutsch
Schlagworte:
Online Zugang:
Erfassungsnummer:PU200608002035
Quelle:BISp

Abstract

Lässt man ägyptische und altmexikanische Protobeispiele (sofern in diesen Kulturen überhaupt fußballähnliche Spiele gespielt wurden) außer acht, so scheint eine Darstellung mit zwei Fußballspielern auf einem englischen Beichtstuhl des 14. Jahrhunderts in der Kathedrale von Gloucester die erste bildliche Überlieferung in der abendländischen Kunst zu sein. Barocke Bilder vom Spiel, wie etwa ein Gemälde Gabriele Bellas, und Holzstiche des 19. Jahrhunderts, bspw. Emil Limmers „Fußballspiel auf dem Exercierplatz ‚Einsame Pappel’ bei Berlin“, beziehen oft Zuschauer und Umgebung des Platzes mit ein. Der Spielfeldüberblick mit oder ohne sportlichem Geschehen ist ein auf die Ganzheit des Fußballspiels gelegter Ansatz. Bittere Realität ist bisweilen auch das genaue Gegenüber: z. B. der einsame, schlaffe Fußball Peter Nagels. Aber nicht nur der Ball ohne Spieler, auch der Spieler ohne Ball wird dargestellt. Hier geht es meist um den Fußballstar, den populären Spieler, der den Zeitgenossen so vertraut ist, dass er sogar ohne sein Attribut gezeigt werden kann. Andy Warhols Bildnisse Toni Schumacher oder Franz Beckenbauer sind bezeichnende Beispiele. Neben dem Bildnis des Fußballstars ist der anonyme Spieler immer mit dem Ball ausgestattet und fast immer im Begriff, diesen zu spielen. Im Licht besonderer Aufmerksamkeit steht der Torwart. Von ihm geht das Spiel nach versuchtem Torschuss erneut aus, zu ihm kehrt es im erneut versuchtem Torschuss wieder zurück. Mit einer Parade des Torwarts wird ein besonders interessanter Ausschnitt des Spielgeschehens gezeigt. Aber auch andere Höhepunkte im Match werden künstlerisch verarbeitet. Dabei kann es sich um technische Besonderheiten handeln (z. B. Fritz Genkingers „Großer Fallrückzieher“ oder Karl Heidelbachs „Scherenschlag“), um unfaires Spiel als negativen Höhepunkt (z. B. „Foul“ von Michael Denkler-Gietz und H. P. Zimmer) oder um Schiedsrichterentscheidungen und ihre Folgen (z. B. „Falscher Elfmeter“ und „Gelbe Karte“ von A. Paul Weber). Es gibt auch kritische Formulierungen, die die Auswüchse des Fußballsports oder seine Begleiterscheinungen kommentieren. Zentrales Thema ist hier die Gewalt im Stadion, einmal das rohe oder gar brutale Spiel auf dem Platz, zum anderen das Verhalten randalierender Fans. Carmen Stahlschmidt hat die tragischen Ereignisse vom 29. April 1985 im Brüsseler Heysel-Stadion, als eine Schlacht zwischen den Zuschauern hunderte von Toten und Verletzten forderte, künstlerisch visualisiert. In Joachim Palms „Fußball-Triptychon“, in Peter Sorges „Kluge Frauen lassen ihre Männer toben“, oder in Wolfgang Petricks Zeichnung „0:0“ steht nicht nur die Aggressivität im Vordergrund, sondern es stellt sich sogar die Assoziation vom Fußball als Krieg mit anderen Mitteln ein. Insgesamt gesehen erscheint der Fußball als ein sehr vielschichtiges Thema, das die unterschiedlichsten künstlerischen Äußerungen provoziert. Schiffer (unter Verwendung wörtlicher Textpassagen)