"... dass sich in den Reihen des Vereins keine Juden oder Jüdisch-Versippte befinden". Der Ausschluß der jüdischen Mitglieder aus den Turn- und Sportvereinen Hannovers in den Jahren 1933/34

Gespeichert in:
Bibliographische Detailangaben
Autor:Becker, Christian
Erschienen in:"Elf Freunde müsst ihr sein!": Einwürfe und Anstöße zur deutschen Fußballgeschichte
Veröffentlicht:Freiburg i. Br.: Haug (Verlag), 1995, S. 140-144, Lit.
Herausgeber:Geschichtswerkstatt e. V.
Format: Literatur (SPOLIT)
Publikationstyp: Sammelwerksbeitrag
Medienart: Gedruckte Ressource
Sprache:Deutsch
Schlagworte:
Online Zugang:
Erfassungsnummer:PU200608002031
Quelle:BISp

Abstract

Antisemitismus durchzog schon vor 1933 die Geschichte der deutschen Turn- und Sportbewegung. So kam es 1889 über die Frage der Aufnahme von jüdischen Mitgliedern zu eine Spaltung der Turnbewegung. Diejenigen Vereine, die die Aufnahme von jüdischen Mitgliedern ablehnten und in ihrer Satzung einen „Arier-Paragraphen“ verankert hatten, schlossen sich in diesem Jahr im Deutschen Turnerbund (DTB) zusammen. Die Mehrzahl der Turnvereine verblieb jedoch in der Deutschen Turnerschaft (DT), deren Führung sich gegen einen „Arier-Paragraphen“ aussprach. Die Diskussion über diese Frage verstummte auch in der Folgezeit nicht und erlebte in den Jahren unmittelbar vor der „Machtergreifung“ der Nationalsozialisten eine neue Blüte, ohne dass sich an der Satzung der DT etwas verändert hätte. Nach den Reichstagswahlen vom 5. März 1933 gewannen dann aber die antisemitischen Kräfte in der DT die Oberhand. Im August 1933 beschloss der Magistrat der Stadt Hannover, „Zuschüsse, Unterstützungen oder sonstige Zuwendungen an Vereine nur zu geben, wenn von dem Vereinsvorstand die Erklärung abgegeben wird, dass sich in den Reihen des Vereins keine Juden oder Jüdisch-Versippte befinden“. Die überwiegende Mehrheit der Vereine scheint den entsprechenden Vordruck ohne zu zögern unterschrieben zu haben. Nur auf Grund einer Initiative des Reichssportführers Hans von Tschammer und Osten vom 29. November 1933, der einen drohende Boykott der Olympischen Spiele 1936 insbesondere durch die USA fürchtete, teilte Oberbürgermeister Menge den städtischen Amtsstellen und Betrieben mit, dass der Magistratsbeschluss vom August 1933 aufgehoben sei. Eine Benachrichtigung der Vereine, die bereits ihre jüdischen und „jüdisch-versippten“ Mitglieder ausgeschlossen und den „Arier-Paragraphen“ in ihre Satzung aufgenommen hatten, erachtete Menge jedoch als nicht erforderlich. Das bedeutete, dass die Turn- und Sportvereine von der Möglichkeit, Ausschlüsse und Satzungsänderungen zurückzunehmen, keine Kenntnis erhielten. Schiffer (unter Verwendung wörtlicher Textpassagen)