Die Propaganda der DDR zur Fußball-WM des Jahres 1954

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Bibliographische Detailangaben
Autor:Diesener, Gerald
Erschienen in:"Elf Freunde müsst ihr sein!": Einwürfe und Anstöße zur deutschen Fußballgeschichte
Veröffentlicht:Freiburg i. Br.: Haug (Verlag), 1995, S. 94-104, Lit.
Herausgeber:Geschichtswerkstatt e. V.
Format: Literatur (SPOLIT)
Publikationstyp: Sammelwerksbeitrag
Medienart: Gedruckte Ressource
Sprache:Deutsch
Schlagworte:
DDR
Online Zugang:
Erfassungsnummer:PU200608002030
Quelle:BISp

Abstract

Der DDR-Führung, die bis zur Implosion des Landes 1989 wohl auf keinem anderen Gebiet so erfolgreich um Prestigegewinn bemüht war wie im Sport, stand zu jeder Zeit der deutliche Abstand zur international bestimmenden Fußballwelt vor Augen. Das gilt auch schon für die Mitte der 1950er Jahre. Obwohl es schon eine DDR-Meisterschaft gab, die im Sommer 1954 die BSG Turbine Erfurt für sich entscheiden konnte, fehlte es der Auswahlelf des Landes an Profil. Auch die späteren Fußballklubs, denen die Rolle von Leistungszentren zugedacht wurden, existierten nicht. Insgesamt war die DDR-Sportpolitik vom Gedanken beseelt, dass sozialistische Verhältnisse auch im Sport letztendlich den Triumph über den kapitalistischen Gegner in einer Art gesellschaftlicher Notwendigkeit hervorbringen würden; auch die gesamte Propaganda zur Weltmeisterschaft 1954 kann unter diesem Blickwinkel gelesen werden. Erst unmittelbar vor Beginn des Turniers hatte die DDR-Presse ihre Leser auf die Spiele eingestimmt, wobei vor allem anhand des ungarischen Beispiels die Überlegenheit sozialistischer Sportförderung in das Zentrum gestellt wurde. Dass in der gesamten Berichterstattung die politische Note dominierte, war nicht nur ein spezieller Beitrag zum damaligen Propagandakrieg beider deutscher Staaten gegeneinander, sondern hier wurde auch die tatsächliche zeitgenössische Perspektive im Bereich des Sports sichtbar. Diese Betonung des Politischen offenbarte den Ansatz, mit dem auch intern an Problemlösungen im Bereich des Sports herangegangen wurde. Ungeachtet dieser dominierenden politischen Komponente wurde allerdings auch deutlich sichtbar an einer Wertschätzung sportlicher Leistungen, die dies verdienen, festgehalten. Allerdings versuchte die Propaganda ein Übergreifen der westdeutschen Weltmeister-Euphorie auf die Bevölkerung der DDR abzumildern und zu bremsen. Bei alledem ist auch der Versuch unübersehbar, so bald als möglich wieder zur Tagesordnung zurückzukehren. Hierzu gehören auch die Bemühungen, durch administrative und inhaltliche Maßnahmen Anschluss an die Weltspitze im Fußball zu finden. Es dauerte nach dieser Schweizer Weltmeisterschaft genau zwei Jahrzehnte, bis man sich am Ziel wähnte: Im Mai 1974 gelang mit dem 1. FC Magdeburg erstmals einer DDR-Mannschaft der Gewinn eines Europapokals, und im Sommer desselben Jahres gewann die Nationalmannschaft der DDR ihr überhaupt einziges Länderspiel gegen die Bundesrepublik. Schiffer (unter Verwendung wörtlicher Textpassagen)