"Der Fußball war unsere Lokomotive" - Der Fußball, der Kommerz und die Medien

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Bibliographische Detailangaben
Autor:Eggers, Erik
Erschienen in:Wo das Fußballherz schlägt: Fußball-Land Nordrhein-Westfalen
Veröffentlicht:Essen: Klartext-Verl. (Verlag), 2006, S. 140-150
Format: Literatur (SPOLIT)
Publikationstyp: Sammelwerksbeitrag
Medienart: Gedruckte Ressource
Sprache:Deutsch
Schlagworte:
Online Zugang:
Erfassungsnummer:PU200607001568
Quelle:BISp

Abstract

Im Mutterland des modernen Fußballs, England, existierte bereits seit 1888 eine Profiliga und in den 1920er Jahren, als der Fußballsport zu einem Massensport auf dem Kontinent avancierte, zogen Österreich (1924), Ungarn (1925), die Tschechoslowakei (1925) und auch viele andere Nationen wie Frankreich und Italien nach. Gegen jeden europäischen Trend setzte der Deutsche Fußball-Bund (DFB) als Organisator des deutschen Fußballs aber weiterhin auf die eigentlich anachronistische Amateurideologie. Der DFB beharrte (neben ideologischen Vorbehalten) auf dem Amateurparagraphen, weil Reich, Länder und Kommunen den Verbänden und Vereinen andernfalls die Gemeinnützigkeit abgesprochen hätten – und damit das Recht auf öffentliche Subventionen. Erst nach dem Krieg, Anfang der 1950er Jahre, kam die Amateurfrage wieder zur Sprache. Der Zuschauerzuspruch in NRW war schon 1949 so enorm, das in diesem Jahr sogar die Vorform einer Profiliga getestet wurde. Doch letztlich zwang der DFB die Westvereine zur Einhaltung des sog. Vertragsspielerstatuts, das im gleichen Jahr die Delegiertenversammlung der westdeutschen Landesverbände beschlossen hatten. Dabei durfte das Monatsgehalt der Spieler 320 Mark nicht übersteigen. Die Wirklichkeit sah aber auch 1949 schon anders aus. Die Vereine der Oberliga konnten nur dem Namen nach noch Amateurvereine genannt werden. Erst 1962 wurde das Vertragsspielerstatut um den „Lizenzspieler“ ergänzt, der nun maximal 1.200 DM monatlich verdienen und mit 20 Prozent an der maximal 50.000 DM hohen Ablösesumme partizipieren durfte. 1973 erschienen die Spieler von Eintracht Braunschweig erstmals mit Trikotwerbung („Jägermeister“). Aufsehen erregte 1977 der erste Millionentransfer der Liga, als der 1. FC Köln den belgischen Stürmer Roger van Gool verpflichtete. Der 2,5-Millionen-Mark-Transfer Tony Woodcocks zwei Jahre später eröffnete erneut neue Dimensionen. Dennoch krankte der deutsche Profifußball bis in die 1990er Jahre an seinen anachronistischen Strukturen. Erst seit Mitte der 90er Jahre haben alle Vereine der Bundesliga nicht nur ihre Profi-Abteilungen ausgegliedert, sondern dem Verein auch Gesellschaftsformen gegeben, die größeren Wirtschaftsunternehmen entsprechen. Als wichtigste Triebfeder bei der Modernisierung des Fußballs gilt die von der Regierung Kohl betriebene Einführung des Dualen Rundfunksystems. Beim Aufbau des Privatfernsehens erwies sich der Fußball wegen seiner breiten Anhängerschaft als außerordentlich attraktiv. In Kooperation mit dem Sportfernsehen setzen die Vereine seit den 1990er Jahren alles daran, die teilweise veraltete Infrastruktur zu modernisieren bzw. neue Stadien zu bauen. Nicht nur hinsichtlich der Sicherheit orientierten sich die Klubs dabei am Vorbild England, sondern auch hinsichtlich der Kundenklientel. Denn nur mit der Erschließung auch vermögender Gesellschaftsschichten war weiteres Wachstum möglich. Erst auf dieser Basis war auch eine Ausweitung des sog. Merchandising als Hochkultur der Kommerzialisierung denkbar. Vorbild war hier insbes. Manchester United. Verf. gelangt zu dem Fazit, dass die Kommerzialisierung des deutschen Fußballs seit den 1920er Jahren nicht nur notwendig zur Entwicklung hin zu einem Volkssport war, sondern dass sie auch unumkehrbar ist. Schiffer (unter Verwendung wörtlicher Textpassagen)