Abstract

Die Kommerzialisierung hat den Fußball auf verschiedenen Ebenen ergriffen, nicht nur auf der Ebene des „Kaufs“ und „Verkaufs“ von Spielern von einem Verein an den anderen. Kommerzialisierung ist ein Prozess mit oft ungewollten, aber dennoch hingenommenen Folgen. Dass der Fußball überhaupt Werbeträger werden konnte, hatte seine strukturelle Veränderung zur Voraussetzung: Er musste aus seiner engen sozialen Verankerung herausgelöst werden, ohne dass er dabei zugleich seine Attraktion für breite soziale Schichten verlor. Die enge soziale Bindung zwischen Amateurspieler und Zuschauer einer Stadt, eines Viertels löste sich auf, an ihre Stelle trat ein Star-Fan-Verhältnis. Mit dieser historischen Entwicklung fand zugleich auch eine Transformation des Spielerlebnisses in eine Produktform statt. Dabei weist der Fernsehfußball als Medienprodukt auch strukturelle Ähnlichkeiten mit den anderen Unterhaltungssendungen des Fernsehens auf. Der Fernsehfußball wird jetzt an dramaturgischen Gewohnheiten und Gesetzen gemessen. Als Programmform muss der Fernsehfußball mit den Perfektionsstandards und dem Attraktionswert anderer Unterhaltungsangebote in den Fernsehangeboten mithalten: Das Versprechen an Spannung, an spielerischen Höhepunkten sowie an Möglichkeiten, sich daran als Zuschauer emotional aufzuladen, muss von jedem neuen Spiel eingelöst werden. Eine Reihe schlechter Spiele kann den Zuschauer fernsehfußballmüde machen und ihn zu anderen Programmen umschalten lassen. Wahrscheinlicher ist jedoch, dass die Zuschauer im Stadion die schnellen Reize des Fernsehfußballs vermissen. Das Medienprodukt wird zum Maßstab, an dem das Spiel im Stadion gemessen wird. Mit der festen Etablierung des Fußballs im Medienverbund lässt die Faszination des Fußballs daher langsam nach. Ersichtlich wird dies an den rückläufigen Zuschauerzahlen bei den Bundesligaspielen, die gerade in der Saison 1983/84 besonders offensichtlich waren. Schiffer (unter Verwendung wörtlicher Textpassagen)