Vom Fußballgott, der Eisen wachsen lässt: Einwurf für Deutschland - Wir sind dabei

Gespeichert in:
Bibliographische Detailangaben
Autor:Bott, Dieter
Erschienen in:Ballbesitz ist Diebstahl : Fans zwischen Kultur und Kommerz
Veröffentlicht:Hildesheim: Verl. Die Werkstatt (Verlag), 2004, S. 241-250, Lit.
Herausgeber:Bündnis Aktiver Fußballfans
Format: Literatur (SPOLIT)
Publikationstyp: Sammelwerksbeitrag
Medienart: Gedruckte Ressource
Sprache:Deutsch
Schlagworte:
Online Zugang:
Erfassungsnummer:PU200512002841
Quelle:BISp

Abstract

Fußball ist mittlerweile nicht nur gesellschaftsfähig geworden, sondern zumindest in Deutschland gibt es derzeit kaum einen bekannten Politiker mehr, der sich nicht öffentlich im Medium von Sport und Fußball inszeniert. Zusammen mit den Gewerkschaftern fordern einige Politiker für die Betriebe gar Gleitzeit während der Fußball-Weltmeisterschaft. Auch die gewichtige Kulturfront der 1950er und 1960er Jahre mit ihrer elitären Distanz zum als geistlos geltenden Sportbetrieb ist schon seit langem zusammengebrochen. Literaten bekennen sich mittlerweile – mit der Ausnahme von Martin Walser – als Fußballfans. Selbst die christlichen Kirchen, eine der letzten Bastionen gegen den Sport- und Körperkult, haben mittlerweile resigniert, nachdem sie den Kampf um den sportfreien besinnlichen Sonntag bereits vor nahezu 50 Jahren verloren haben. „Sind Fußballer unsere wahren Götter?“, fragt die evangelische Kirche in einer groß angelegten Plakat-Kampagne, in deren Rahmen es weiterhin heißt: „Wenn Fußball als Religion zelebriert wird, ist es die Hoffnung auf die Verwandlung unseres Alltags, auf die Sehnsucht nach einem Gott zum Anfassen.“ Auch die Katholiken sind auf den „Fußballzug“ aufgesprungen: Um Nachwuchs für ihre Klöster anzuwerben, wird ein katholisches Werbeplakat durch einen strahlenden jungen Priester mit einem Fußball unter dem Arm geziert. Oliver Kahn mit seinen dominante Führungsqualitäten und Miroslav Klose mit seinem „Sieger-Gen“, aber auch seinen unverkennbar „knechtseligen“ Eigenschaften werden von der deutschen Jugend als Idole anerkannt. Für Jugendliche wie für Erwachsene generell scheint derzeit zu gelten: „Wer sich am allgemeinen Fußball-Geschwätz nicht beteiligt, hat den Anschluss verloren.“ Schiffer (unter Verwendung wörtlicher Textpassagen)