Sitzen ist immer noch für'n Arsch: Wie Stadien zu Arenen werden

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Bibliographische Detailangaben
Autor:Dembowski, Gerd
Erschienen in:Ballbesitz ist Diebstahl : Fans zwischen Kultur und Kommerz
Veröffentlicht:Hildesheim: Verl. Die Werkstatt (Verlag), 2004, S. 74-79
Herausgeber:Bündnis Aktiver Fußballfans
Format: Literatur (SPOLIT)
Publikationstyp: Sammelwerksbeitrag
Medienart: Gedruckte Ressource
Sprache:Deutsch
Schlagworte:
Fan
Online Zugang:
Erfassungsnummer:PU200512002825
Quelle:BISp

Abstract

Der Kampf für den Erhalt der Stehplätze in den Fußballstadien ist vor allem ein Einsatz für den Erhalt einer mehrheitlich bewährten Fan- und Verabredungskultur. Aber es handelt sich dabei auch um eine Spielart von sozialen Fragestellungen, denn Sitzplätze bedeuten in vielen Stadien noch immer einen deutlichen Preisanstieg. Dies wiederum erschwert einen regelmäßigen Stadionbesuch von jugendlichen, niedrigverdienenden und arbeitslosen Fußballfans erheblich. Der Stehplatzbereich ist ein traditioneller Ort von Fankultur, ein differenziertes Gebilde mit historisch gewachsenen, festen Standorten für bestimmte Fan- und Zuschauergruppen. Der Stehplatzbereich ist ein Ort zwischenmenschlicher Begegnung. Ein reines Sitzplatzstadion würde diese gewachsenen Fanstrukturen auseinander reißen und den nachwachsenden Fangenerationen diesen erhaltenswerten Weg abschneiden. Die von der UEFA angeführte höhere Sicherheit auf Sitzplatztribünen erweist sich als Trugschluss, denn es existiert bis dato keine Studie, die Sicherheit in diesem Fall empirisch nachweist. Vielmehr ist es für die Bundesligen falsch, wenn die UEFA immer noch behauptet, dass die Gewalt in den Fußballstadien von den Stehplatzbereichen ausgeht. Die Erfahrungen der Polizei, sozialarbeiterischen Fan-Projekten, Soziologen und BAFF bestätigen, dass sich Hooligans fast ausschließlich auf den Sitzplätzen befinden. Dazu hat sich die Gewalt aufgrund des fortgeschrittenen Sicherheitsapparates in Grünanlagen, auf Rastplätze und in die Innenstädte verlagert. Angesichts dessen gibt es im Zuge neu geplanter Stadien mittlerweile einen Trend, der durchaus die Bedeutung der Stehplätze anerkennt und einbezieht. Vielen Vereinen wird mehr und mehr bewusst, dass der Stehplatzbesucher mit seinen nachwachsenden Generationen als „traditionelles Kundenpotenzial“ zu berücksichtigen ist. Außerdem wird zunehmend erkannt, dass zum Fußball auch die Atmosphäre der Stehränge gehört. So realisierte z. B. der FC Schalke 04 ca. 19.000 Stehplätze in der neuen „Arena auf Schalke“. Dortmund baute im Jahr 1999 Sitzplätze wieder ab und in Bremen wurde beim Bau der Ostkurve das Stehplatzpotenzial der Werder-Fans berücksichtigt. Schiffer (unter Verwendung wörtlicher Textpassagen)