Zur Dialektik von Humanität und Anthropotechnik im Spitzensport

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Autor:König, Eugen
Erschienen in:Spitzensport : Chancen und Probleme ; Jahrestagung der DVS-Sektion "Sportsoziologie" vom 29. Juni bis 1. Juli 2000 in Tübingen
Veröffentlicht:Münster: Hofmann (Verlag), 2001, S. 66-79
Herausgeber:Deutsche Vereinigung für Sportwissenschaft / Sektion Sportsoziologie
Format: Literatur (SPOLIT)
Publikationstyp: Sammelwerksbeitrag
Medienart: Gedruckte Ressource
Sprache:Deutsch
Schlagworte:
Online Zugang:
Erfassungsnummer:PU200109000299
Quelle:BISp

Abstract

Seit den Zeiten Coubertins bis heute ist der Imperativ unablässiger Leistungssteigerung � ausgedrückt in der Maxime �citius, altius, fortius� � ein konstitutiver Bestandteil nicht nur der Olympischen Spiele, sondern des modernen Sportverständnisses überhaupt. Der Sport, der die Humanität für sich entdeckt hat, hat zu seiner Realisierung auch die Anthropotechniken gefordert und gefördert. Auch Doping ist als nichts anderes als ein weiteres künstliches Hilfsmittel in der langen Reihe leistungssteigernder Anthropotechniken zu sehen. Mit der Förderung der Anthropotechniken hat der Sport Verf. zufolge selber eine Entwicklung eingeleitet und zu verantworten, die er heute nicht mehr unter Kontrolle bekommt. War bereits der Wechsel vom Amateur- zum Profitum der Athleten nicht ein �Verrat sportlicher Ideale�, wie einst geklagt wurde, sondern Konsequenz aus der dem Sport immanenten Logik der In- und Extensivierung körperlicher Leistung, so kann auch heute die Deutung des �Spitzen-Sports� als �gemeiner Betrug� kaum überzeugen. Im und durch den Dopingsport werden nicht die Ideale des Sports diskreditiert, sondern hier kommt das moderne Sportverständnis zu sich selbst, hier offenbart es die Wahrheit seiner fundamentalen Technologiebesessenheit. Laut Verf. stehen die Wirklichkeit des Dopingsports und die Ideen vom �sauberen und humanen Sport� in keinem Widerspruch zueinander, sondern entsprechen einander. Aus dieser Entsprechung von Idee und Wirklichkeit des Sports resultiert gegenüber dem Doping eine Ohnmacht, die auch durch Verschärfung der Dopingkontrollen nicht übertüncht werden kann. Doping ist nicht das Problem des einzelnen Sportlers, sondern vor allem ein strukturelles Problem des Sports. Dabei ist nicht Doping das eigentliche Problem des Sports, sondern jenes Sportverständnis, das auf permanente Leistungssteigerung setzt, ohne ihr eine Grenze setzen zu können. Eine radikale Gesellschaftstheorie des Spitzensports muss am Beispiel der technologischen Hybris des Sports erkennen, dass mit ihm und in ihm das Menschenbild des klassischen Humanismus an seine Grenzen kommt. Laut Verf. sprechen alle anthropotechnischen Indizien dafür, dass mit dem nachmetaphysischen, nihilistischen Zeitalter ein Zeitalter humanistischer Utopielosigkeit erreicht und damit auch das Ende des klassischen Sports eingeläutet ist. Schiffer (unter Verwendung wörtlicher Textpassagen)