Beanspruchung des Organismus durch körperliche Aktivität - akute und chronische Veränderungen zellulaerer und löslicher Faktoren unter besonderer Berücksichtigung von Regulations- und Repairmechanismen

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Bibliographische Detailangaben
Autor:Gabriel, Holger Horst Werner
Veröffentlicht:Saarbrücken: 1997, 120 Bl., Lit.
Forschungseinrichtung:Universität Saarbrücken
Hochschulschriftenvermerk:Saarbrücken, Univ., Habil.-Schr., 1997
Format: Literatur (SPOLIT)
Publikationstyp: Monografie
Medienart: Gedruckte Ressource
Dokumententyp: Hochschulschrift Habilitationsschrift
Sprache:Deutsch
Schlagworte:
Online Zugang:
Erfassungsnummer:PU199904308915
Quelle:BISp

Abstract

Der vorliegenden Arbeit liegen Ergebnisse von Untersuchungen an insgesamt 135 Probanden und Sportlern zugrunde, die in 6 voneinander unabhaengigen Studien unter kontrollierten und standardisierten Bedingungen untersucht wurden. In einem ersten Schwerpunkt wurden die akuten Veraenderungen des koerpereigenen Abwehrsystems durch unterschiedliche koerperliche Belastungen und ihre Bedeutung fuer den Organismus unter besonderer Beruecksichtigung der hormonellen Regulation dargestellt. Ein zweiter Schwerpunkt befasste sich mit den chronischen Adaptationen, einerseits an ueberbelastende Trainingsphasen und andererseits an langjaehriges Ausdauertraining. Die Bestimmung der individuellen anaeroben Schwelle (IAS) diente der exakten Bestimmung der Belastungsintensitaeten fuer die Ausdauerbelastungen und der Bewertung der Leistungsfaehigkeit von Probanden und Sportlern. Die zellulaeren Messparameter aus peripher-venoesem Blut waren alle wesentlichen Leukozyten- und Lymphozytensubpopulationen, die Phagozytenfunktion, die Zytokine IL-Ibeta und IL-6, das C-reaktive Protein sowie die Hormone Adrenalin, Noradrenalin, ACTH, Kortisol und das Wachstumshormon (STH). Messmethode zur Charakterisierung der zellulaeren Immunphaenotypen, der Phagozytose, des oxidativen Bursts und des intrazellulaeren pH war die Durchflusszytometrie. Desweiteren wurden Plasma-Zytokine mittels ELISA, die Hormone aus Serum bzw. Plasma mittels Chemilumineszenz, als Enzymimmunoassay oder radioenzyrnatisch bestimmt. Die wesentlichen Schlussfolgerungen lauten: 1. Die immunologischen Veraenderungen durch akute Koerperarbeit bei gesunden Menschen werden durch die hormonelle Regulation dominiert. Die Aktivierung des sympathischen Systems und der hypothalamo-hypophysaer-adrenalen Achse steht dabei im Vordergrund und bewirkt eine Beeintraechtigung der Phagozytenfunktion, ohne dass damit per se eine Krankheitsmanifestation einhergehen muss. 2. Ein kurzzeitiges Uebertraining geht zwar ebenfalls mit nachweisbaren suppressiven Effekten auf die Phagozytenfunktion einher, jedoch praedisponiert dies ebenfalls nicht zwangslaeufig zur klinischen Manifestation von Infektionen. Die rasche Reversibilitaet der Funktionsbeeintraechtigung nach Beginn eines regenerativen Trainings spricht fuer die Notwendigkeit einer moeglichst fruehen Erkennung des Uebertrainings und die Einleitung geeigneter Regenerationsmassnahmen, um eine Chronifizierung und damit das Fortbestehen einer reduzierten Abwehrlage zu vermeiden. 3. Es ist denkbar, dass die beobachteten immunologischen Effekte bei gleichzeitiger Existenz weiterer unguenstiger Faktoren wie Dysstress, Fehlernaehrung, Schlafdefizit oder belastenden klimatischen Situationen zu Erkrankungen fuehren oder banale Infekte verschlimmern. Die vorgelegten Ergebnisse bieten die Basis fuer diesbezuegliche weitergehende Untersuchungen. 4. Die Kenntnis von Art und Ausmass der immunmodulatorischen Wirkung bei akuter Koerperarbeit und Training ist fuer die Beratung und Anleitung zu koerperlicher Aktivitaet bei abwehrgeschwaechten Patienten von Bedeutung. Da eine unmittelbare Uebertragung dieser an gesunden Personen erhobenen Befunde nicht ohne weiteres auf Kranke moeglich ist, sind entsprechende ergaenzende Untersuchungen beispielsweise an Krebs- und HIV-Patienten notwendig, da fuer diese Patientengruppen zunehmend Fitness- und Sportprogramme angeboten werden. 5. Weder akute koerperliche Belastungen noch ein (beginnendes) Uebertraining induzieren eine Aktivierung des Immunsystems, die mit nicht-infektioesen oder infektioesen inflammatorischen Prozessen vergleichbar waere. Spezifische Veraenderungen, wie beispielsweise die Ausbildung eines immunologischen Gedaechtnisses, sind unwahrscheinlich. 6. Beim Gesunden fuehren weder akute koerperliche Belastungen noch ein Uebertraining zu immunologischen Veraenderungen, die in Art und Bedeutung mit klassischen Immundefekten vergleichbar sind. Daher wird empfohlen, insbesondere im Hinblick auf die weniger gravierenden negativen gesundheitlichen Auswirkungen, die im Zusammenhang mit koerperlichen Belastungen und Training einhergehenden immunologischen Modulationen bzw. Adaptationen nicht als Immundefekte zu bezeichnen. Insbesondere wurde bislang kein Nachweis erbracht, dass bei primaer Gesunden akute Koerperarbeit zu pathologischen Veraenderungen im Immunsystem fuehrt. 7. Es besteht ein dosisabhaengiger Effekt akuter koerperlicher Belastungen auf die Phagozytenfunktion. Extensive Belastungen ohne wesentliche Laktatakkumulation koennen zu einer Stimulation, (hoch)intensive und insbesondere mit einer Laktazidose einhergehende Belastungen zu einer Suppression fuehren. Der aerob-anaerobe Uebergang scheint nicht nur aus leistungsphysiologischer, sondern auch aus immunologischer Sicht einen "breakpoint" darzustellen. Da fuer Ausdauertrainierte Hinweise auf eine immunologische Befundkonstellation i.S. einer erhoehten Infektresistenz vorliegen, erscheint es erfolgversprechend, ein gesundheitssportorientiertes Trainingsprogramm bei primaer Untrainierten hinsichtlich seiner immunologischen Auswirkungen zu ueberpruefen. Verf.-Referat (gekuerzt)