Zum Problem der Lokalisation motorischer Funktion

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Bibliographische Detailangaben
Autor:Konczak, Juergen
Erschienen in:Bewegungskoordination und sportliche Leistung integrativ betrachtet : 2. Bernstein-Konferenz und 2. gemeinsames Symposium der dvs-Sektionen Biomechanik, Sportmotorik und Trainingswissenschaft vom 25. - 27.09.1996 in Zinnowitz
Veröffentlicht:Hamburg: Czwalina (Verlag), 1997, S. 42-50, Lit.
Herausgeber:Deutsche Vereinigung für Sportwissenschaft / Sektion Trainingswissenschaft ; Deutsche Vereinigung für Sportwissenschaft / Sektion Biomechanik ; Deutsche Vereinigung für Sportwissenschaft / Sektion Sportmotorik
Format: Literatur (SPOLIT)
Publikationstyp: Sammelwerksbeitrag
Medienart: Gedruckte Ressource
Sprache:Deutsch
ISBN:3880203059
Schlagworte:
Online Zugang:
Erfassungsnummer:PU199805301671
Quelle:BISp

Abstract des Autors

Welche Beziehung besteht zwischen der Aktivitaet zentralnervoeser Strukturen und der Koordination von Willkuerbewegung? In einem "Klassiker" der bewegungsphysiologischen Literatur ("Das Problem der Wechselbeziehungen zwischen Koordination und Lokalisation") hatte Bernstein bereits 1935 diese Frage diskutiert. Er erkannte, dass die Beziehung zwischen muskulaerer Innervation und beobachtbarer Bewegung ausserordentlich kompliziert und keineswegs eindeutig ist. Bernstein postulierte, dass koordinierte Bewegung nicht das ausschliessliche Resultat zentralnervoeser Impulse an bestimmten Muskeln sein kann, sondern das Ergebnis eines Steuerungsprozesses ist, in dem muskulaere Kraefte mit aeusseren Kraeften in Einklang gebracht werden (z.B. Gravitations-, Coriolis-Kraefte). Dies bedeutet, dass zentralnervoese Steuerungsmechanismen a) die bei einer Bewegung auftretenden aeusseren Kraefte im voraus kennen, und b) muskulaere Kraefte immer in Relation zu diesen aeusseren Kraeften bereit stellen muessen. In der Nachkriegszeit geriet diese fundamentale Einsicht ueber motorische Kontrollprozesse zusehends in Vergessenheit. Besonders die Neurophysiologie und Psychologie der sechziger und siebziger Jahre war gepraegt von dem Optimismus, dass es gelingen werde, spezifische Planungs- und Steuerungsprozesse der Motorik bestimmten neuronalen Strukturen zuzuordnen. Die biomechanischen Gegebenheiten des Systems wurden entweder gar nicht, oder nur unvollstaendig in entsprechende Modelle eingebaut. In den neunziger Jahren ist dieser Euphorie der vergangenen Jahrzehnte eine Ernuechterung gefolgt. Mountcastle (1994) stellte fest, dass das Primat der "Lokalisation von Funktion" sich haeufig als kontraproduktiv in den Neurowissenschaften erwiesen hat. Besonders in der anglo-amerikanischen Motorikforschung ist eine Rueckbesinnung auf die Theorie Bernsteins erfolgt. Dieser Beitrag wird in einem historischen Exkurs die oben erwaehnten Entwicklungen innerhalb der Bewegungsphysiologie skizzieren. Vor dem Hintergrund dieses historischen Verstaendnisses sollen neuere Studien vorgestellt werden, die versuchen, Bernsteinsche Prinzipien experimentell zu verifizieren. Verf.-Referat