Abstract

Nationen und auch Individuen benoetigen eine Geschichte - zumeist in Form von Fabeln ueber Kriege, Siege und Niederlagen - , um sich selbst zu konstituieren und darzustellen. Das klassische Schema des Helden, der siegreich den oder die Feinde besiegt, wird im sportlichen Wettkampf, insbesondere bei Grossveranstaltungen mit Massenpublikum, ebenfalls aufgegriffen. Massenspektakel haben darueber hinaus die Faehigkeit, kollektive Emotionen hervorzurufen. In diesem Zusammenhang erhalten Sportveranstaltungen zum Beispiel im Gegensatz zu Theaterauffuehrungen besondere Bedeutung dadurch, dass der Zuschauer haeufig selbst zum Akteur wird. Cricket galt im 19. Jahrhundert den britischen Kolonialherrn als Mittel zur Anglikanisierung der indischen Bevoelkerung, wobei ein ideologischer Diskurs bezueglich der britischen Wissenschaftlichkeit und des disziplinierten Phlegmatismus vs. den asiatischen Charakter gepflegt wurde. Das diese kolonialistische Haltung, die die Guten von den Boesen trennt, bis in die heutige Zeit ueberlebt hat, belegt die australische Sportberichterstattung ueber das pakistanische Cricketspiel. Ueber die rein sportlichen Ereignisse und Faehigkeiten hinaus werden Stereotypen und Vorurteile gegenueber der islamischen Religion und gegenueber dem islamischen Fundamentalismus reproduziert. Das pakistanische Cricket wird in diesem mit Metaphern aus dem Orient reich geschmueckten Bild als korrupt und unfair charakterisiert. Schmidt