Die Etablierung der instrumentierten Ganganalyse (IGA) als Verfahren zur unmittelbaren klinikrelevanten Gangbeurteilung. Darstellung der propulsiven und bremsenden Muskelaktivitaeten beim Gehen

Gespeichert in:
Bibliographische Detailangaben
Englischer übersetzter Titel:Establishing instrumented gait analysis as a useful tool of immediate clinical relevance in gait assessment. Presentation of propulsive and inhibitory muscular activities in walking
Autor:Seichert, N.; Erhart, P.; Senn, E.
Erschienen in:Physikalische Medizin, Rehabilitationsmedizin, Kurortmedizin
Veröffentlicht:7 (1997), 1, S. 1-11, Lit.
Format: Literatur (SPOLIT)
Publikationstyp: Zeitschriftenartikel
Medienart: Gedruckte Ressource
Sprache:Deutsch
ISSN:0940-6689, 1439-085X, 0003-9357
Schlagworte:
Online Zugang:
Erfassungsnummer:PU199705204872
Quelle:BISp

Abstract des Autors

Gegenstand: Registrierung der dreidimensionalen Bodenreaktionskraft mit Kraftmessplatten an einem zufaellig zusammengesetzten Kollektiv von 52 gangunauffaelligen ProbandInnen mit einem mittleren Koerpergewicht von 72 kg, einer mittleren Schrittlaenge von 69 cm und einer durchschnittlichen Kadenz von 123 Schritten/Minute. Demonstration der klinischen Relevanz der Methode an drei Fallbeispielen. Gestaltung: Mittels zweier zentrisch in einen Laufsteg von 10 m Laenge integrierter piezoelektrischer Kraftmessplatten wurden von jedem Probanden mindesten 8 Doppelschritte gemessen und daraus durch Mittelwertbildung ein charakteristischer, reproduzierbarer Gangzyklus errechnet. Aus dem Zeitverlauf der Kraftkomponenten in den drei Richtungen des Raumes erhaelt man mittels Division durch die Masse die Beschleunigung, daraus durch zeitliche Integration die Geschwindigkeit und nach nochmaliger Integration die Ortskoordinaten des Koerperschwerpunktes als Funktion der Zeit. Bei nunmehr bekannter Bewegung des Schwerpunktes im Raum kann die mechanische Gesamtenergie des gehenden Menschen zu jedem Zeitpunkt durch Addition der potentiellen, kinetischen und Rotationsenergie berechnet werden. Die unbekannte, aber kleine Rotationsenergie wurde vernachlaessigt. Die Aenderung der Gesamtenergie waehrend eines Gangzyklus - darstellbar als ihre zeitliche Ableitung oder Leistungskurve - widerspiegelt unmittelbar Ausmass und Art der momentanen Muskelaktivitaet, ob bremsend oder propulsiv wirksam. Ergebnisse: Die dreidimensionale Ortskurve zeigt eine sinusfoermige Vertikalbewegung des Schwerpunktes von 3,4+/-0,8 cm (alle Angaben MW+/-SD), eine ebenfalls sinusaehnliche Sagittalbewegung - relativ zu einem mit der Durchschnittsgeschwindigkeit konstant bewegten Bezugssystem - der Amplitude 1,7+/-0,4 cm und eine sinusfoermige Lateralbewegung mit halber Frequenz von 2,0+/-0,4 cm Amplitude. Der durchschnittliche Energiebedarf fuer einen Gangzyklus liegt bei 180 Joule, davon 87+/-13 J potentiell und 93+/-14 J kinetisch. Die Aenderung der Gesamtenergie - nur diese muss muskulaer erbracht werden - betraegt indessen aufgrund des sog. Pendelmechanismus (Umwandlung von Ekin in Epot und umgekehrt) lediglich 59+/-13 Joule. Dies entspricht 61+/-14 Watt Leistung bzw. einem Wirkungsgrad des Pendelmechanismus von 67+/-6 %. Die erstmals interpretierte Leistungskurve zeigt zwei positive (propulsive) und zwei negative (bremsende) "Peaks" pro funktioneller Standbeinphase, die zwanglos der Wirkung gleichzeitig aktiver, dominanter Muskelgruppen zugeordnet werden koennen: Der erste negative "Peak" widerspiegelt die Bremswirkung des exzentrisch arbeitenden M. quadriceps waehrend der fruehen Standbeinphase, der zweite positive "Peak" entspricht dem Heben und Nachvornebringen des Koerpers durch konzentrische Arbeit der Glutaeen und des M. tibialis anterior, der dritte negative "Peak" zeigt die Bremsung des fallenden Schwerpunktes hauptsaechlich durch den exzentrisch aktiven M. triceps surae, und der letzte positive "Peak" entspricht dem Vorschub dank konzentrischer Kontraktion des M. triceps surae am Ende der Standbeinphase. Schlussfolgerungen: Durch die Berechnung der Energieaenderungs- bzw. Leistungskurve aus der gemessenen Bodenreaktionskraft lassen sich erstmalig passiv-physikalische von aktivmuskulaeren Anteilen unterscheiden. Somit koennen funktionelle Defizite und Kompensationsmechanismen pathologischer Gangarten unmittelbar erkannt und dem funktionellen Einsatz von Muskelgruppen bzw. Gelenken zugeordnet werden. Verf.-Referat