Abstract des Autors

Im Jahr 1898 entstand in Berlin der erste nationaljuedische Turnverein, der JTV "Bar Kochba" Berlin. Juden hatten bereits unter dem "Turnvater" F.L. Jahn geturnt. Sie hatten sich am Aufbau der Turnbewegung beteiligt, ohne dass ihre ethnische Herkunft eine besondere Rolle gespielt hatte. Viele Turnvereine hatten juedische Mitglieder, wiewohl vermutlich kaum einer mehrheitlich. Keiner dieser Vereine verstand sich als "juedischer" Turnverein. "Juedische Turnvereine" waren bereits vor dem JTV BKB, allerdings nur wenige Jahre frueher, in Philipoppel (Bulgarien) und in Konstantinopel entstanden. Sie wurden von der nationaljuedischen Turnbewegung erst nachtraeglich "entdeckt", als diese sich auf die Suche nach ihren Wurzeln begab. Viel erstaunlicher, als dass es juedische Turnvereine gab, ist die Tatsache, dass sie erst relativ spaet entstanden. Denn schon geraume Zeit war eine gesellschaftliche Entwicklung im Gange, dass Vereine, darunter Turnvereine, sich nach Massgabe verschiedener Kriterien ausdifferenzierten: sozial nach Berufen, Staenden, Klassen, religioes nach Konfessionen und ethnisch nach Nationen. Der JTV Bar Kochba Berlin und die aus ihm entstehende Juedische Turnerschaft (JT) legten von Anfang an besonderen Wert darauf, eine "nationaljuedische" Turnbewegung zu sein. sie folgte damit einer verbreiteten Ueberzeugung, nach der das Turnen seit seinen Anfaengen auf der Berliner Hasenheide als hervorragende nationsbildende und -erhaltende Taetigkeit angesehen wurde. Die Selbstverstaendlichkeit des Topos "National" suggeriert eine Klarheit, die in der wissenschaftlichen Aufarbeitung noch keineswegs in ausreichendem Masse erreicht ist. Dies soll fuer die juedische Turn- und Sportbewegung geleistet werden. Verf.-Referat