Monitoring der Leistungsvariabilität der Ruderinnen des Bundesstützpunkt Berlin entlang des Menstruationszyklus

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Bibliographische Detailangaben
Leiter des Projekts:Legerlotz, Kirsten (Humboldt-Universität zu Berlin / Institut für Sportwissenschaft / Abteilung Trainings- und Bewegungswissenschaften, Tel.: 030 2093-46254, kirsten.legerlotz at hu-berlin.de)
Forschungseinrichtung:Humboldt-Universität zu Berlin / Institut für Sportwissenschaft / Abteilung Trainings- und Bewegungswissenschaften
Finanzierung:Bundesinstitut für Sportwissenschaft (Aktenzeichen: 072050/22-23)
Kooperationspartner:Deutscher Ruderverband ; Charité - Universitätsmedizin Berlin / Campus Benjamin Franklin / Institut für Sportmedizin; Olympiastützpunkt Berlin
Format: Projekt (SPOFOR)
Sprache:Deutsch
Projektlaufzeit:08/2022 - 04/2023
Schlagworte:
Erfassungsnummer:PR020220700161
Quelle:profi - Projektinformationssystem

Ziel

Menstruationszyklus-gesteuertes Training erfordert einen hohen Organisationsaufwand und eine genaue Kenntnis der physiologischen Reaktionen der individuellen Athletin. Während einige Athletinnen wenig Leistungsschwankungen im Verlauf des Menstruationszyklus zeigen, und sich ein Menstruationszyklus angepasstes Training hier wenig lohnt, zeigen andere Sportlerinnen erhebliche Schwankungen im Verlauf des Menstruationszyklus. Diese Sportlerinnen können in bestimmten Phasen des Menstruationszyklus (z.B. in der späten Lutealphase aufgrund des prämenstruellen Syndroms) kaum effektiv trainieren, während sie in anderen Phasen (z.B. um die Ovulation) besonderes motiviert und leistungsfähig sind. Das Projekt beabsichtigt anhand eines engmaschigen Monitorings diejenigen Ruderinnen zu identifizieren, bei denen die Berücksichtigung des Menstruationszyklus eine bisher vernachlässigte Leistungsreserve darstellt. Auf Basis des Monitorings sollen spezifische Handlungsempfehlungen hinsichtlich der Trainingsanpassung für individuelle Athletinnen erarbeitet werden, um eine bestmögliche Vorbereitung auf die olympischen Spiele in Paris 2024 zu unterstützen.

Planung

Das Projekt stellt ein mehrwöchiges, multi-dimensionales, engmaschiges und deskriptives Monitoring von mehreren, parallel erhobenen Einzelfällen dar. Mehrwöchig bedeutet, dass jede Sportlerin für mindestens drei Menstruationszyklen, sprich bis zu rund 12 Wochen, an dem Monitoring teilnehmen sollte. Multi-dimensional bedeutet, dass im Monitoring Leistung (Kraft, Ausdauer & posturale Stabilität), Hormonkonzentrationen (über Speichelprobe: Testosteron, Cortisol, Östrogen und Progesteron) sowie physiologische (Körperkerntemperatur, Körperzusammensetzung/Wasserhaushalt) und psychologische Schwankungen (Stimmung, Motivation) erfasst werden. Daten aus der ohnehin erfassten Trainingsdokumentation werden ebenfalls berücksichtigt. Engmaschig bedeutet je nach Parameter tägliche bis 2x/Woche stattfindende Messung (Leistung 2-3x/Woche; Speichelproben/Hormonkonzentration 3x/Woche; Körperzusammensetzung 3x/Woche; Temperatur und psychologische Variablen täglich). Deskriptiv bedeutet, dass während der gesamten Datenerhebung das Training am BSP unverändert zu der etablierten Planung des Trainerteams stattfinden soll und die hier beschriebenen Messungen für diese Studie in diesen laufenden Prozess entsprechend einzubinden sind.
Als Probandinnen können alle Bundeskader am BSP Berlin eingeschlossen werden. Aktuell sind somit bis zu 40 Teilnehmerinnen theoretisch möglich. Die finale Vorbereitung des Projektes beginnt am 1. August, die Monitoringphase beginnt mit dem Eintreffen der Ruderinnen zum Grundlagentraining am BSP und endet mit dem Ende des Grundlagentrainings. Sobald die ersten vollständigen Zyklen erfasst sind, wird mit der Auswertung begonnen.

Ergebnisse

Die Projektergebnisse werden es ermöglichen, die identifizierten Sportlerinnen und deren Trainer*innen hinsichtlich einer Menstruationszyklus-berücksichtigenden-Trainingsplanung zu beraten. Zeitlich können diese Schritte, je nach Verlauf dieses Projektes, ab Februar 2023 beginnen, werden aber ihren Schwerpunkt in der Grundlagentrainingsphase 2023/24 haben. Damit ist ein positiver Effekt für die Vorbereitung auf die Spiele 2024 denkbar. Durch die enge Zusammenarbeit zwischen Leistungssportpraxis und Sportwissenschaft hoffen wir ferner den akademischen wie auch den nicht-akademischen Diskurs zu diesem Themenfeld weiter voranzutreiben. Hierzu planen die akademischen Projektpartner neben Publikationen auch weitere mechanistische Arbeiten. Diese würden auf Basis der Ergebnisse des hier skizzierten Monitorings in einer Nachwuchs- bzw. Breitensportkohorte durchgeführt werden. Transfereffekte sind darüber hinaus auch für die breite Leistungssportpraxis außerhalb des BSP Ruderns in Berlin zu erwarten. Das hier angestrebte breite und langfristige Monitoring sollte eine solide Datenbasis liefern, auf deren Fundament zukünftig kürzere und gezieltere Ansätze entwickelt werden können, mit deren Hilfe Sportlerinnen und deren Trainer*innen entsprechend ökonomischer einschätzen können, ob ein (zweifelsohne sehr aufwendiges) Menstruationszyklus-basiertes-Training für sie von Leistungsrelevanz sein könnte. Für die Kommunikation dieser Erkenntnisse sind, neben den geplanten akademischen Veröffentlichungen, bereits klare Wege im deutschen Spitzensportsystem gegeben: durch die DRV-internen Mechanismen der Trainerfortbildung; durch das u.a. von Frau Prof. Legerlotz bereits etablierte Forum „Netzwerk Sportgynäkologie" sowie durch die tägliche Betreuungsarbeit der Mitarbeitenden des OSP Berlins in aktuell 23 verschiedenen Spitzensportprogrammen.