3PS - Drei-Punkt-Sensorsystem für innovative Analysen und sportartübergreifende Synergien

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Bibliographische Detailangaben
Leiter des Projekts:Debus, Dirk (2D Debus & Diebold Meßsysteme, Tel.: 0721 9448511, debus at 2d-datarecording.com)
Forschungseinrichtung:2D Debus & Diebold Meßsysteme
Finanzierung:Bundesinstitut für Sportwissenschaft (Aktenzeichen: 072046/22)
Kooperationspartner:Universität Gießen ; Deutscher Turner-Bund ; Deutscher Schützenbund ; Deutscher Skiverband ; Deutscher Verband für Modernen Fünfkampf ; Bundesverband Deutscher Gewichtheber
Format: Projekt (SPOFOR)
Sprache:Deutsch
Projektlaufzeit:04/2022 - 03/2023
Schlagworte:
Erfassungsnummer:PR020220600123
Quelle:profi - Projektinformationssystem

Ziel

Eine Sensorikunterstützung unterschiedlicher Trainingsformen im Sport (u.a. Helten, Müller & Seidel, 2011; Hackbarth, Rausch & Ferger, 2020) ist aus einer Reihe von Gründen attraktiv: Neue Analyseansätze werden genauso möglich wie neue Anreizsysteme; Daten werden automatisch
gespeichert und können rückwirkungsfrei (u.a. Chambers, Gabbett, Cole & Beard, 2015; Hood, McBain, Portas & Spears, 2012) und rückwirkend noch auf neue Hypothesen analysiert werden; Echtzeitanalysen (u.a. Baca, 2017) können über Cloud-Systeme auch an verteilten Orten stattfinden. Perspektivisch sind auf einer solchen Basis auch eine attraktive Nutzung in Medien und für Spielformen und Nachwuchsansprache möglich.
Heute gibt es von dieser schönen neuen Welt jedoch allenfalls Insellösungen, die noch dazu kaum kompatibel, teilweise veraltet und auch schlecht erweiter- und anpassbar sind. Da eine bessere Analytik, ein Lernen über Sportarten hinweg und neue motivierende Formen der Trainingssteuerung, insbesondere von Zubringerübungen, jedoch von verschiedenen Verbänden nachgefragt und auch in anderen Ländern mit Hochdruck vorangetrieben werden, ist es höchste Zeit, die technischen Voraussetzungen zu schaffen und verbandsübergreifend zu testen, um solche Systeme wirksam, einfach einsatzfähig und von den Verbänden auch attraktiv, effizient nutzbar und bezahlbar zu machen.
Ziel dieses Service-Forschungsprojekts ist daher, mit dem 3-Punkt Sensorsystem (3PS) eine sportartübergreifende Technologiegrundlage zu entwickeln, mit der Möglichkeiten der Sensorikunterstützung von Trainingsformen exploriert und in unterschiedliche potenzielle Nutzenszenarien überführt werden können. Dieses System ermöglicht es, während der Sportausübung je eine Sensorik (6DoF IMU) an drei unterschiedlichen Punkten des Sportlers und/oder am Sportgerät zu applizieren, welche über alle drei Achsen jeweils die Beschleunigung und Drehraten misst. Aus den gewonnenen Daten können Rückschlüsse über Bewegungsmuster und Bewegungsqualität und ihre jeweilige Veränderung gezogen werden, sie können jedoch auch für interaktive Feedbacks und später auch für Gamification-Anwendungen genutzt werden. Die Funktionalität des Systems und die Möglichkeiten für sportartspezifische und sportartübergreifende Applikationen wird in verschiedenen Sportarten getestet und evaluiert; das System kann so optimiert werden.
Die Dringlichkeit des Projekts ergibt sich durch bereits existierende konkrete Anfragen einzelner Sportverbände, die ansonsten andere Insellösungen realisieren würden, durch die langen Vorlaufzeiten in der Technikentwicklung, um die letztendlich funktionierenden Systeme mit Wirkung für die Olympischen Spiele in Paris nutzbar zu machen, und durch die Möglichkeit einer verbandsübergreifenden Stärkung der Digitalisierungsbemühungen im Deutschen Spitzensport.

Planung

AP 1: Projekt- und Innovationsmanagement (Innovationsmanufaktur): Systematik der Entwicklung des sozio-technischen Gesamtsystems, organisatorische und administrative Projektbegleitung
AP 2: Systematische Planung von Aufbau und Nutzung des 3 PS Techniksystems (alle Entwicklungs- und Forschungspartner): Erarbeitung idealtypischer Nutzensettings für ein 3 PS System in den beteiligten Sportverbänden, Zusammenstellung einer Anforderungsliste
AP 3: Aufbau und Bereitstellung des 3 PS Techniksystems (2D Datarecording): Auswahl der auf die Bedürfnisse der verschiedenen Sportarten abgestimmten Sensorkomponen-ten aus bestehender 2D Messtechnik und Zusammenführung der drei Sensoren und der Loggingeinheit zu einem modularen Gesamtsystem. Abwägung des Einsatzes weiterer sportartspezifi-scher Sensoren. Gemeinsame Definition, Umsetzung und Weiterentwicklung einer für Trainer und Athleten hilfreichen Datenauswertung. Erkennung und Auswertung von Synergien zwischen ver-schiedenen Sportarten. Arbeitspaketübergreifende Arbeiten durch kontinuierliche Weiterentwicklung der Datenverarbeitungsalgorithmen.
AP 4: Entwicklung einer Test- und Evaluationsstrategie (Universität Gießen): Entwicklung vergleichender Test- und Evaluationssettings der Basis geeigneter Übungen bzw. Geräte- und Körperpositionen zur Überprüfung und Entwicklung der koordinativen und/oder technischen Fertigkeiten. Erstellung der Tests und Settings (Sensorsystem am Körper oder an Sportgeräten) sowie Festlegung der Messzeitpunkte bei gleichzeitiger Protokollierung des Trainings.
AP 5: Durchführung der Explorationsevents (beteiligte Verbände und Universität Gießen, fallweise mit Unterstützung der Entwicklungspartner): Planung der Explorationsevents, Vorbereitung verbandsrelevanter Settings und sportartspezifischer Fragestellungen in Zusammenarbeit mit den Verbänden, Durchführung der Events
AP 6: Zusammenfassung und Planung des weiteren Vorgehens (Entwicklungs- und Forschungspartner und beteiligte Sportverbände): Aufbereitung und vergleichende Analyse der Ergebnisse, Ausloten aktueller und potenzieller Synergieeffekten, Erarbeitung übergreifender und sportartspezifischer Interessen und Anforderungen für die Weiterentwicklung; auch in neuen Nutzungssettings (Medien, Gamification, ...), Entwicklung einer Roadmap und Planung von Folgeaktivitäten
AP 7: Präsentation und weitere Transfermaßnahmen: Die Erkenntnisse, Planungen und Ideen zur Weiterentwicklung werden im Rahmen eines Events präsentiert, der vom Innovation Hub Spitzensport organisiert wird. Hier werden alle interessierten Partner aus Verbänden und aus dem Kernteam des Innovation Hubs eingeladen. Für das Service-Forschungsprojekt entstehen keine gesonderten Kosten.

Ergebnisse

Wissenschaftliche und technische Ziele des Vorhabens: In wissenschaftlicher Hinsicht stehen zwei Zielsetzungen im Vordergrund: Zum einen müssen in den verschiedenen Sportarten plausible Nutzensettings definiert und so die Versuchsaufbauten vorbereitet werden. Zum anderen müssen die Ergebnisse der Explorationen im Hinblick auf Quali-tät, Nutzwert und Übertragbarkeit analysiert werden.
Da das geplante System eine Platzierung der drei Sensoren an unterschiedlichen Positionen des Körpers (z. B. an Rumpf, Armen sowie Ober und Unterschenkeln) sowie eine Positionierung an Geräten möglich macht, ist eine Absprache mit den jeweiligen Vertretern der Sportart nötig. Diese erfolgt unter Berücksichtigung des jeweiligen Anforderungsprofils. Im ersten Schritt werden dieje-nigen Übung, Positionen oder Geräte identifiziert, die im Rahmen des Grundlagentrainings wich-tig und gleichzeitig wenig beliebt sind, um hier durch innovative Analyseoptionen und sportartübergreifende Synergien eine bessere Qualität ins Training zu bringen und diese Übungen po-tenziell auch attraktiver zu machen und die Wirksamkeit bzw. Effektivität der Intervention zu un-terstützen. Darüber hinaus soll das System in einem Online-Szenario angewendet werden, in dem die Leistung eines Athleten bewertet und Feedback zur Leistungsverbesserung direkt gege-ben wird. Ein mögliches Mittel für eine solche Rückmeldung und Motivation könnte zum Beispiel die Sonifikation bestimmter Leistungen in Bezug auf Referenzleistungen sein.
Auf technischer Seite liegt zunächst der Fokus des Projektes auf Wissensaufbau in den Verbänden (zum Beispiel ein Verständnis für Messwerte und -systeme sowie die Unterscheidung zwischen rohen und weiterverarbeiteten Daten), um alle beteiligten Partner auf einen vergleichbaren technischen Stand zu bringen. Diese Wissensvermittlung soll auf der Basis vorhandener Messtechnik realisiert werden; gleichzeitig mit dem Ziel, die für die Verbände attraktivsten und zukunftsweisenden Anwendungsfälle für die Explorationssettings definieren zu können.
Anschließend wird aus den Anforderungen der verschiedenen Sportarten ein erstes Messsystem definiert, bei welchem zur Erfassung der Bewegungsmuster unter anderem über drei Inertial Measurement Units (IMU) an verschiedenen, für die jeweiligen Sportarten relevanten Körperstellen beziehungsweise dem Sportgerät platziert werden. Diese IMUs, welche jeweils über alle drei Körperachsen die Beschleunigung sowie die Drehraten bis zu 1000-mal pro Sekunde aufzeichnen, sind bei diesem Messsystem noch über physikalische Kabel mit einem 2D-Datenaufzeichnungsgerät verbunden, um Körperbewegungen synchron berechnen zu können. Zusätzlich können in diesem Messsystem auch die Erkenntnisse aus den Workshops einfließen.
Die anschließende Messdatenverarbeitung muss aus den Ergebnissen der Workshops in Zusammenarbeit der Athleten, Trainer und Messdaten-Ingenieuren von 2D Datarecording definiert und während Training und Wettkämpfen ständig weiterentwickelt werden. Da von jeder Messung die Rohdaten gespeichert werden, kann die Messdatenverarbeitung und -auswertung jederzeit angepasst und auch auf "alte" bestehende Messdaten beliebig oft angewendet werden, wodurch selbst vergleichsweise "alte" Messdaten weiterhin für neue, innovative Auswertungsansätze wertvoll sind. Ebenfalls wird so eine Rückverfolgung von Performanceänderungen anhand der Messdaten, z.B. durch eine verbesserte Core-Stabilität oder verkürzte Haltzeiten der Waffe, rückverfolgbar.
Zu definierende Metadaten (Name und Gewicht Athlet, Seriennummer Waffe, ...), die in die Messungen eingefügt werden, stellen eine klare Zuordnung der jeweiligen Messung zu einem Athleten und/oder Sportgerät sicher, wodurch eine Messdatenbank aufgebaut werden kann, auf die für eine Messdatenauswertung immer wieder zurückgegriffen werden kann. Die Metadaten können auch für die Messdatenweiterverarbeitung verwendet werden, um zum Beispiel aus der Masse und dem Puls des Athleten Trainingsparameter wie Energieverbrauch zu berechnen.