Sportassoziierte Concussion und Aktivität im autonomen Nervensystem während Return-to-Play

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Bibliographische Detailangaben
Leiter des Projekts:Reinsberger, Claus (Universität Paderborn / Sportmedizinisches Institut, Tel.: 05251 60-3180, reinsberger at sportmed.upb.de)
Mitarbeiter:Jakobsmeyer, Rasmus
Forschungseinrichtung:Universität Paderborn / Sportmedizinisches Institut
Finanzierung:Bundesinstitut für Sportwissenschaft (Aktenzeichen: 070105/19-20)
Format: Projekt (SPOFOR)
Sprache:Deutsch
Projektlaufzeit:01/2019 - 12/2021
Schlagworte:
Erfassungsnummer:PR020181200143
Quelle:profi - Projektinformationssystem

Ziel

Das vorliegende Projekt beschreibt eine Kohortenstudie während und nach Return-to-play (RTP) nach sportassoziierter Concussion (saC), die bei einem individuellen Beobachtungszeitraum jeder Probandin/ jedes Probanden vom Zeitpunkt der saC bis 3 Wochen nach saC insgesamt über 1,5 Jahre durchgeführt werden soll. Die entsprechenden Beobachtungen erfolgen dezentral jeweils an den Standorten der Verletzten im Rahmen eines Kooperationsnetzwerks aus Vereinen und Kliniken. Dabei werden saC von den entsprechenden Kooperationspartnern gemeldet bzw. erfolgt ebenfalls ein aktives Screening. Die potentiellen Probanden/innen werden daraufhin mit einem/r gesunden Kontrollprobanden/in (z.B. aus der gleichen Mannschaft) gematcht (`Match`), an dem/ der an denselben Messzeitpunkten wie bei dem Patient/ der Patienten nach saC dieselben Untersuchungen durchgeführt werden, wodurch eine vergleichende Kontrollgruppe in das Design integriert wird.
Die Datenaufnahme zur Messung der Aktivität im ANS erfolgt mit kabellosen Multi-Sensoren der Firma Empatica® (Empatica E4, Mailand, Italien), die am Handgelenk getragen werden. Über Parameter der kalkulierten Herzratenvariabilität (HRV) RMSSD (Quadratwurzel der Standardabweichung aufeinanderfolgender Zwischen-Herzschlag-Intervallen) sowie HF (Schnelle Frequenz (0.15 - 0.4 Hz)) wird die parasympathische Aktivität gemessen. Ergänzend werden über die elektrodermale Aktivität (EDA) Parameter der sympathischen Aktivität (mittlere EDA, elektrodermale Reaktionen (EDRs) und "Sleep Storms" während der Nacht) erhoben.
Zwei Settings der Analyse der Aktivität im ANS nach saC werden grundsätzlich betrachtet:
1.) Charakterisierung von saC-bedingten Veränderungen im ANS in Ruhe und in Relation zu Training/ Belastung
2.) Charakterisierung von saC-bedingten Veränderungen im ANS während Schlaf
Erwartet wird eine reduzerte parasympathische Aktivität (HRV) nach saC, die im Verlauf über die Untersuchungen ansteigt. Die sympathische Aktivität (EDA) ist nach saC erhöht.

Planung

In Anlehnung an das 6-stufige RTP-Protokoll (McCrory et al., 2017) erfolgt die erste Datenerhebung durch das Studienpersonal (PhD Kandidat) innerhalb der ersten 48h nach der ärztlichen Diagnose der saC i.d.R. vor dem Beginn des eigentlichen RTP Protokolls. Es werden Informationen zur Sport- und Verletzungshistorie über einen Anamnesebogen, die Aktivität im ANS in einer 5-minütige Ruhemessung im Liegen sowie in der Nacht erhoben. Die nächtliche Datenerhebung wird von den Studienteilnehmern mit den zur Verfügung gestellten Sensoren selbstständig zu Hause durchgeführt.
Nach der ersten Messung (präRTP1) folgen tägliche Messungen bis zum Abschluss des RTP (mindestens 6 Messzeitpunkte (RTP1-RTP6)). Während des RTP erfolgen 5-minütige Ruhemessungen vor und zusätzlich (ca. 30min) nach der körperlichen Belastung sowie Untersuchungen der nächtlichen Aktivität im ANS. Ergänzend werden die Messungen jeweils 1 Woche (postRTP1) und 3 Wochen (postRTP2) nach Abschluss des RTP wiederholt (Ruhe vor und nach Belastung sowie Nacht). Zusätzlich werden die Stadien im RTP sowie Daten des individuellen Belastungs- und Beanspruchungszustands mittels Fragebogen erhoben (Acute-Recovery-Stress-Scale (ARSS).

Ergebnisse

Das beantragte Projekt dient zur Hypothesengenerierung für (inter-) nationale multizentrische Studien mit dem mittelfristigen Ziel der Etablierung von objektiven Biomarkern zur Objektivierung des akuten Beanspruchungszustands im RTP.
Das tiefergreifende Verständnis von saC bedingter Dysautonomie und somit der Veränderung der Aktivität im ANS in Assoziation zur (pathophysiologischen) Beanspruchung nach saC liefert Erkenntnisse für die Charakterisierung der Veränderungen der Aktivität im ANS im Kontext der Trainings- und Belastungssteuerung [57, 58], zum Verständnis autonomer Aktivität während Belastung [59, 60], für das Regenerationsmanagement [54] sowie zur Prävention bzw. Rehabilitation einer möglichen autonomen Fehlfunktion im funktionellen [61] oder nicht-funktionellen Übertrainingszustand [62, 63].
Insbesondere die Kombination parasympathischer (HRV) und sympathischer (EDA) Parameter im Kontext des (zentralen) autonomen Netzwerks wird durch die multidimensionale und organunspezifische Ableitung in sportbezogenen aber auch nicht-sportbezogenen Settings (z.B. Stressmanagement am Arbeitsplatz) wichtige Folgestudien generieren. Hierdurch könnte eine Individualisierung unter objektiven Parametern im RTP erfolgen, dessen Anwendbarkeit in größerem Kontext im Rahmen von Folgestudien anhand der hier erhobenen Daten besser abgeschätzt, geplant und klinisch validiert werden kann.
Die Studie dient explizit zur Ermittlung von Effektgrößen, um etwaige größere klinische Studien in Zukunft adäquat powern zu können.