Diagnostik von Schiedsrichterentscheidungen im Handball unter Belastung

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Bibliographische Detailangaben
Leiter des Projekts:Schorer, Jörg-Ralph (Universität Oldenburg / Institut für Sportwissenschaft, Tel.: 0441 798-3174, joerg.schorer at uni-oldenburg.fr)
Mitarbeiter:Büsch, Dirk (Universität Oldenburg / Institut für Sportwissenschaft, Tel.: 0441 798-3177, dirk.buesch at uni-oldenburg.de); Loffing, Florian (Universität Oldenburg / Institut für Sportwissenschaft, Tel.: 0441 798-4634, florian.loffing at uni-oldenburg.de); Bloß, Nicolas (Universität Oldenburg / Institut für Sportwissenschaft, Tel.: 0441 798-4619, nicolas.bloss1 at uni-oldenburg.de)
Forschungseinrichtung:Universität Oldenburg / Institut für Sportwissenschaft
Finanzierung:Bundesinstitut für Sportwissenschaft (Aktenzeichen: 071001/19-20)
Kooperationspartner:Deutscher Handballbund
Format: Projekt (SPOFOR)
Sprache:Deutsch
Projektlaufzeit:01/2019 - 03/2022
Schlagworte:
Erfassungsnummer:PR020181200124
Quelle:profi - Projektinformationssystem

Ziel

Im Hinblick auf Schiedsrichterentscheidungen werden physischen und psychischen Belastungen/Beanspruchungen mit zunehmender Spielzeit eine zunehmend wichtigere Rolle zugeschrieben, eine empirische Überprüfung der Wechselwirkung beider Belastungsgrößen steht jedoch noch aus (Brand, 2013). Die Fähigkeit, sich dem potenziell leistungsmindernden Einfluss entscheidungsirrelevanter interner und externer Störgrößen zu widersetzen, hängt von den in einer Entscheidungssituation zur Verfügung stehenden Ressourcen ab (Kahneman, 1973). Den Annahmen von Kahneman (1973) folgend, dass Individuen ein einzelner Pool an Ressourcen zur Verfügung steht, kann erwartet werden, dass Einbußen in der Entscheidungsleistung von Schiedsrichtern dann auftreten, wenn die Ressourcenschwelle überschritten wurde (vgl. Gaoua, de Oliveira & Hunter, 2017). In Anlehnung an die Überlegungen von Gaoua et al. (2017) ließe sich in Bezug auf das Zusammenwirken von physischer Belastung und psychischer Belastung (Geräuschkulisse) vermuten, dass insbesondere ein zeitgleiches Auftreten beider Belastungsaspekte negative Auswirkungen auf den verfügbaren Ressourcenpool - und in Konsequenz auch auf die Entscheidungsqualität - haben kann und die leistungsmindernde Wirkung mit andauernder Belastung/Beanspruchung größer werden sollte. Interindividuelle Unterschiede wie die körperliche Leistungsfähigkeit und das Expertiseniveau könnten dabei moderierend wirken, da eine höhere Ausprägung in diesen Bereichen mit einem größeren Ressourcenpool einhergehen sollte (Page & Page, 2010). Ziel des hier beantragten Projektes ist es, einerseits die isolierte Wirkung unterschiedlicher physischer Belastungsformen und darüber hinaus ihre mit psychischer Belastung kombinierte Wirkung im Hinblick auf die Qualität von Schiedsrichterentscheidungen zu überprüfen.

Planung

Entsprechend der Zielstellung des Antrags werden im Rahmen dieses Projektes vier Teilstudien durchgeführt, in denen beide Belastungsaspekte - physische und psychische Belastung - schrittweise kombiniert werden. In den nachfolgenden Abschnitten werden die Testvarianten, aus denen sich die Teilstudien zusammensetzen, beschrieben. Die physische Belastung der Schiedsrichter wird über zwei unterschiedliche Wege erzeugt. Zum einen über einen das handballspezifische Belastungsprofil nicht widerspiegelnden Shuttle-Run-Test (Variante 1) sowie zum anderen über einen das handballspezifische Belastungsprofil berücksichtigenden Ausdauertest (Variante 2). Hervorzuheben ist an dieser Stelle, dass die Entscheidungstests in die physischen Belastungsphasen integriert sind (Schapschröer, Baker & Schorer, 2016c) und nicht, wie in bisherigen Studien oftmals üblich (z. B. Casanova et al., 2013; Royal et al., 2006), als einzelner Testblock nach einer Belastungsphase. Zusätzlich zur isolierten Wirkung der physischen Belastung soll deren kombinierte Wirkung mit psychischer Belastung im Hinblick auf die Entscheidungsleistung der Schiedsrichter überprüft werden. Die psychische Belastung wird über das Ausbleiben (Variante A) vs. Einspielen (Variante B) einer lauten Geräuschkulisse während einer Testeinheit variiert.

Ergebnisse

Die Projektergebnisse sollen in Abstimmung mit dem DHB respektive mit der Schiedsrichterkommission unmittelbar in die regelmäßige Schiedsrichteraus- und -weiterbildung integriert werden. Dabei ist unter der Prämisse praktisch bedeutsamer Untersuchungs- und Ausbildungseffekte eine dauerhafte Implementierung in die Schulungsunterlagen (Schiedsrichter-Handbuch) sowie die Testsituation „Entscheidungen unter Belastungsbedingungen" als Nachweiskriterium für die Schiedsrichterlizenz sowie die Kadereinteilung von internationalem Niveau bis zu den Perspektivkadern, d. h. auf allen Leistungsebenen des DHB (derzeit N = 144) vorgesehen. Die Dissemination der Erkenntnisse soll zuvorderst über den Schiedsrichterwart des DHB sowie perspektivisch über die Schiedsrichterwarte der 20 Landesverbände erfolgen. Des Weiteren ist neben Publikationen in sportwissenschaftlichen (inter)nationalen Zeitschriften mindestens eine Publikation in den Zeitschriften „Der Handball-Schiedsrichter" und „Handballtraining" geplant. Ergänzt werden diese Beiträge durch ein Video für die Homepage der Schiedsrichter, das in einem kurzen Beitrag das Projekt erläutert, die wichtigsten Ergebnisse darstellt und die Praxisimplikationen vorstellt.