Impfungen im leistungssportlichen Training

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Bibliographische Detailangaben
Leiter des Projekts:Meyer, Tim Friedrich (Universität Saarbrücken / Institut für Sport- und Präventivmedizin, Tel.: 0681 302-70400, tim.meyer at mx.uni-saarland.de)
Mitarbeiter:Stenger, Tanja (Universität Saarbrücken / Institut für Sport- und Präventivmedizin, Tel.: 0681 302 70400, tanja.stenger at uni-saarland.de)
Kooperationspartner des Projekts:Sester, Martina (Universität Saarbrücken / Universitätskliniken des Saarlandes / Abteilung für Transplantations- und Infektionsimmunologie); Gärtner, Barbara (Universität Saarbrücken / Institut für Medizinische Mikrobiologie und Hygiene)
Forschungseinrichtung:Universität Saarbrücken / Institut für Sport- und Präventivmedizin
Finanzierung:Bundesinstitut für Sportwissenschaft (Aktenzeichen: 072026/16-17)
Kooperationspartner:Universität Saarbrücken / Universitätskliniken des Saarlandes / Abteilung für Transplantations- und Infektionsimmunologie; Universität Saarbrücken / Institut für Medizinische Mikrobiologie und Hygiene
Format: Projekt (SPOFOR)
Sprache:Deutsch
Projektlaufzeit:06/2016 - 06/2017
Schlagworte:
Erfassungsnummer:PR020160800131
Quelle:profi - Projektinformationssystem

Ziel

Ziel des Projektes war es, die humorale und zelluläre Immunantwort sowie das Nebenwirkungsprofil nach einer Grippeimpfung bei Leistungssportlern und Leistungssportlerinnen zu charakterisieren und etwaige Unterschiede zu nicht sportlichen Kontrollpersonen herauszuarbeiten. Ein besonderes Augenmerk galt einem Einfluss der zeitlichen Platzierung eines vorangehenden Trainings oder Wettkampfs, da hier potenziell die Möglichkeit zur Optimierung von Impferfolg und -verträglichkeit besteht.

Planung

Nach Rekrutierung geeigneter Leistungssportler und Leistungssportlerinnen überwiegend vom Olympiastützpunkt in Saarbrücken wurden randomisiert zwei Subgruppen gebildet.Die erste Gruppe wurde innerhalb von zwei Stunden nach einer intensiven Trainingseinheit geimpft, die zweite Gruppe nach einer mindestens 26-stündigen Trainingspause. Zur Erfassung der Immunantwort erfolgten am Tag der Impfung, nach einer Woche, nach zwei Wochen und nach sechs Monaten venöse Blutentnahmen. Die Impfungen fanden entweder im Institut für Sportmedizin Saarbrücken oder direkt am Trainingsort statt. Der Impfvorgang wurde zuvor standardisiert. Als Impfstoff wurde der tetravalente Influenzaimpfstoff (“Influsplit Tetra 2016/2017“, GlaxoSmithKline GmbH & Co. KG, Charge: AFLBA 152AB) verwendet. Alle Impfungen fanden von Ende September bis Mitte Dezember 2016 statt. Für die Stimulation spezifischer T-Zellen in vitro wurde der Standard-Vierfachimpfstoff der kommenden Saison direkt im Vollblut angewendet. Basierend auf der spezifisch induzierten Aktivierung und Zytokinproduktion wurde der prozentuale Anteil der Influenza-spezifischen T-Zellen durchflusszytometrisch quantifiziert. Zur Erfassung der Aktivierung wurde CD69 analysiert, als Zytokin primär IFN-γ herangezogen. Als Positivkontrolle diente eine Stimulation mit Staphylococcus aureus Enterotoxin B (SEB). Darüber hinaus wurden qualitative Änderungen in der Funktionalität und im Phänotyp spezifischer T-Zellen in Abhängigkeit vom Zeitpunkt nach Impfung erfasst. Die humorale Immunantwort wurde durch die Analyse neutralisierender Antikörper mittels eines Neutralisationstestes spezifisch für die im Impfstoff enthaltenen Stämme bestimmt. IgG-, IgM- und IgA-Antikörpertiter gegen die Impfantigene wurden parallel mittels Standard-ELISA gemessen. Zur Erfassung von Impfnebenwirkungen wurde ein standardisierter Fragebogen über eine Woche nach der Impfung verwendet. Es wurden jeden Tag zum einen Lokalnebenwirkungen (z.B. Schmerzen an der Einstichstelle) und zum anderen Allgemeinsymptome (z.B. Fieber, mit täglicher Temperaturmessung) erfasst. Darüber hinaus wurden alle weiteren Symptome, die in dem Zeitraum von 6 Wochen nach Impfung auftraten, erfasst. Nach Abschluss der Sportlerrekrutierung wurden alters- und geschlechtsangepasste Kontrollpersonen in die Studie eingeschlossen. Diese Teilnehmer wurden unter Auszubildenden aus medizinischen Berufen und Medizinstudenten ausgewählt.

Ergebnisse

Es ist geplant, die Ergebnisse dieser Arbeit auf Kongressen zu präsentieren sowie in Peer-review-Journalen zu publizieren (teilweise bereits erfolgt, s.u.).
Der Transfer der Erkenntnisse aus diesem Projekt in die Praxis soll durch Präsentation in klinischen Fortbildungsveranstaltungen sowie durch Artikel in klinischen Fachzeitschriften, wie z. B. im Deutschen Ärzteblatt und der Deutschen Zeitschrift für Sportmedizin, erfolgen. Darüber hinaus sind Broschüren zum Impf- und Infektionsmanagement denkbar; gezielte Präsentationen wären auch bei Veranstaltungen mit der Zielgruppe Verbandsärzte, z. B. "Sportmedizin im Spitzensport", anzustreben.
Zwar sind Impfungen ärztlichem Personal vorbehalten, aber Informationen für Sportler und Trainer scheinen sinnvoll, um langfristig die Impfbereitschaft zu erhöhen und die aus der Studie resultierenden Erkenntnisse zu verbreiten. Neben den genannten Broschüren streben wir hier auch eine Verbreitung über Laienmedien (z. B. Interviews; platzierte Artikel in Zeitungen) inkl. Internet und soziale Medien an.

(Zwischen)Ergebnisse

Es wurden 46 Sportler und Sportlerinnen geimpft. Ein Teilnehmer brach die Teilnahme nach einer Woche aufgrund eines Wohnortwechsels ab. Insgesamt gaben 80% (n=56) der Probanden irgendeine Form von unerwünschten Wirkungen oder Nebenwirkungen an. In der 2h-Gruppe betraf dies 87% (n=21), in der 26h-Gruppe 71% (n=15) und bei den Kontrollen 80% (n=20) der Probanden. Ein statistisch signifikanter Unterschied zwischen den Gruppen zeigte sich nicht. Die häufigste lokale Nebenwirkung war der Schmerz.Es zeigten sich dabei signifikant höhere Werte in der 2h-Gruppe als in der Kontrollgruppe (p=0,03). Im Hinblick auf die 26h-Gruppe ergaben sich keine signifikanten Unterschiede. In Bezug auf die übrigen lokalen Nebenwirkungen (Rötung, Schwellung, weitere Beschwerden) zeigten sich keine signifikanten Unterschiede innerhalb der Gruppen. Die häufigste allgemeine Nebenwirkung war der Muskelschmerz. Die Unterschiede zwischen Kontrollen und 2h-Gruppe waren mit p=0,05 nur knapp nicht signifikant, zwischen Kontrollen und 26h-Gruppe zeigten sich signifikante Werte (p=0,01). Im Vergleich der Sportlergruppen ergab sich kein signifikanter Unterschied (p=0,55). Beim Vergleich der Müdigkeit und den weiteren Allgemeinreaktionen (z. B. Fieber, Müdigkeit) nach der Impfung zeigten sich keine Unterschiede zwischen den Gruppen. Es zeigte sich in allen Gruppen ein signifikanter Anstieg der Influenza-reaktiven T-Zellen ein bis zwei Wochen nach Impfung, während der prozentuale Anteil SEB-reaktiver T-Zellen erwartungsgemäß unverändert blieb. Nach sechs Monaten ging der Anteil Influenza-reaktiver CD4+ T-Zellen wieder auf das Ausgangsniveau zurück. Interessanterweise war der prozentuale Anteil reaktiver CD4+ T-Zellen nach einer und zwei Wochen bei Sportlern und Sportlerinnen signifikant höher als bei Kontrollpersonen, während SEB-reaktive CD4+ T-Zellen keine Unterschiede zeigten. Auch die neutralisierenden Antikörper gegen die Influenza-Stämme H1N1, H3N2, Brisbane und Phuket zeigten im zeitlichen Verlauf vor und nach Impfung eine deutliche Induktion ein bis zwei Wochen nach Impfung. Sportler und Sportlerinnen wiesen dabei zwei Wochen nach Impfung signifikant höhere Titer gegen H1N1 auf als Kontrollpersonen, während sich die Antikörpertiter gegen die anderen Influenzastämme nicht unterschieden. Die Untersuchungen zur zellulären und humoralen Immunität zeigten keine signifikanten Unterschiede zwischen den Sportlersubgruppen.