Auditive Reafferenzen in der Bewegungskontrolle? Behaviorale und neurophysiologische Effekte der Kompensation während Interferenz und Deprivation

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Bibliographische Detailangaben
Englischer übersetzter Titel:Auditory Reafferences in motor control? Behavioral and neurophysiological effects of compensation during interferences and deprivation
Leiter des Projekts:Schubotz, Ricarda I. (Universität Münster / Institut für Psychologie / Arbeitseinheit Biologische Psychologie ); Raab, Markus (Deutsche Sporthochschule Köln / Psychologisches Institut / Abteilung Leistungspsychologie, Tel.: 0221 49825500, raab at dshs-koeln.de)
Mitarbeiter:Kennel, Christian (Deutsche Sporthochschule Köln / Psychologisches Institut / Abteilung Leistungspsychologie); Hohmann, Tanja (Deutsche Sporthochschule Köln / Psychologisches Institut / Abteilung Leistungspsychologie)
Kooperationspartner des Projekts:Zentgraf, Karen (Universität Frankfurt am Main / Institut für Sportwissenschaften / Arbeitsbereich Bewegungs- und Trainingswissenschaften)
Forschungseinrichtung:Universität Münster / Institut für Psychologie / Arbeitseinheit Biologische Psychologie ; Deutsche Sporthochschule Köln / Psychologisches Institut / Abteilung Leistungspsychologie
Finanzierung:Deutsche Forschungsgemeinschaft
Kooperationspartner:Universität Frankfurt am Main / Institut für Sportwissenschaften / Arbeitsbereich Bewegungs- und Trainingswissenschaften
Format: Projekt (SPOFOR)
Sprache:Deutsch
Projektlaufzeit:11/2011 - 11/2014
Schlagworte:
Online Zugang:
Erfassungsnummer:PR020120300104
Quelle:Projektmeldung

Ziel

Die Ziele des aktuellen Forschungsantrags beziehen sich in erster Linie darauf aktuelle Theorien zur Wahrnehmungs-Handlungskoppelung weiter zu entwickeln bzw. auf deren Grenzen hin zu testen, indem erstmals umfassend die akustische Sinnesmodalität im Bezug auf die Steuerung und Wahrnehmung von Bewegungen untersucht wird. Wenn es sich, wie aktuelle Ansätze postulieren, beim motorischen Netzwerk funktionell um ein prädiktives System handelt, dann stellt sich die Frage, ob die Eigenschaften, die für die Steuerung von Bewegungen ausschlaggebend sind, auch für die Vorhersage von Veränderungen in der Umwelt bedeutsam sind. Darüber hinaus lassen die Ergebnisse Rückschlüsse darauf zu, inwiefern akustische Informationen zur Verbesserung bzw. dem Erlernen von Bewegungen genutzt werden können. Um diese Frage zu klären, sollen im Wesentlichen zwei Ziele verfolgt werden. Das erste Ziel besteht darin die Rolle auditiver Re-Afferenzen bei der Steuerung von Bewegungen zu untersuchen. Dazu soll untersucht werden, wie simultanes akustisches Feedback („online feedback“) bei der Bewegungsausführung selbst die Steuerung der Bewegung beeinflusst (Experiment 1), ob akustisches Feedback nach der Bewegungsausführung („offline feedback“) die Bewegungssteuerung verbessert (Experiment 2), und welche Eigenschaft der akustischen Re-Afferenz beim „offline feedback“ eine zentrale Rolle spielt (Experiment 3). Das zweite Ziel besteht darin die Rolle auditiver Re-Afferenzen bei der Wahrnehmung von Bewegungen zu untersuchen. Dazu soll zunächst untersucht werden, ob eigene von fremden Bewegungen unterschieden werden können (Experiment 4) und welche Eigenschaft dabei eine zentrale Funktion hat (Experiment 5).

Zusammenfassung

Das Projekt vertieft und erweitert die Frage des Vorgängerantrags, der im Fachkollegium Allg., Biolog. und Math. Psychologie begutachtet wurde. Hier konnten wir behavioral zeigen, inwiefern auditorische Reafferenzen (AR) für die Bewegungsbeobachtung und -kontrolle relevant sind. Vertiefen wollen wir diese Experimente nun, indem wir die den Verhaltenseffekten zugrunde liegenden Mechanismen mit fMRT, und insbesondere die psychphyiologische Interaktion, weiter aufklären. Erweitern wollen wir die Experimente außerdem um einen systematischen Vergleich zweier Bewegungsklassen. Ein im letzten Projekt neuer und unerwarteter Befund war, dass die untersuchten AR sich auf die Bewegungskontrolle anders auswirkten als andere auditorische Handlungsziele (wie Sprache, Musik): ihre Manipulation störte die Bewegung, jedoch nur vorübergehend. Dies könnte darauf zurückzuführen sein, dass AR, die Ziel der Handlung sind (ARZ), anders verarbeitet werden als solche, die augenscheinlich nur Nebenprodukt der Bewegung sind (ARN). Letztere sind bislang kaum untersucht. Obwohl man nicht sagen würde, dass das Geräusch beim Laufen Teil des Handlungsziels ist, würde uns das Ausbleiben des Geräuschs irritieren. Zugleich besagt eine der einflussreichsten Handlungskonzeptionen, dass wir diese planen, indem wir ihre perzeptuellen Konsequenzen antizipieren. Sind ARN also doch ebenso Teil des Handlungsziels wie ARZ? Befunde des vorangegangenen Projekts legen Unterschiede zwischen ARN und ARZ nahe, die dies in Frage stellen.Der Fortsetzungsantrag zielt auf folgende Fragen ab: Sind auch solche AR für die Bewegungskontrolle bedeutsam, die nicht Teil des Handlungsziels zu sein scheinen? Unterscheidet sich ihre psychophysiologische Verarbeitung prinzipiell oder partiell von auditorischen Handlungszielen? Im letzten Projekt beobachteten wir erstmals Vorgänge der Kompensation, also eine dem Einbruch folgende Erholung der Performanz während Interferenz durch manipulierte ARN. Es sind besonders diese psychophysischen Interaktionen, deren Grundlage wir im aktuellen Projekt untersuchen wollen. Dazu verwenden wir Interferenz durch Zeitverzögerung von AR sowie ihre vollständige Deprivation. Konkret werden 3 Exp. geplant, in denen Probanden Filme ihrer eigenen Handlungen sehen, die einhergehen mit originalen (Exp. 1), zeitverzögerten (Exp. 2) bzw. deprivierten (Exp. 3) ARN und ARZ. Wir erheben Verhaltens- und fMRT-Daten. Der Einsatz graphentheoretischer Analysen eröffnet einen neuen Zugang zur Dynamik und Umsetzung kompensatorischer Mechanismen.Der Erkenntnisgewinn des Projekts liegt in der theoretischen Erweiterung unseres Konzepts von AR: Generalisieren die existierenden neurokognitiven Modelle für auditorische Handlungsziele (Sprache, Musik) auf alle alltäglich entstehenden Handlungsgeräusche? Diese Frage hat auch direkte Implikationen für den wissenschaftlichen Begriff des Handlungsziels und den Zusammenhang zwischen bewussten und unbewussten Anteilen von Handlungszielen.
(DFG-Projektnummer 194699617)

Zusammenfassung

The current extension grant deepens and extends the questions that were addressed in the approved grant, which was reviewed by the Fachkollegium Allgemeine, Biologische und Mathematische Psychologie. There, we behaviorally showed inasmuch auditory reafferences (AR) are relevant for action observation and execution. We would like to deepen these studies by clarifying the mechanisms underlying the recorded behavioral effects using fMRI, with a particular focus on the interaction between behavior and fMRI signal.Moreover, we seek to enlarge upon the previous experiments by a systematic comparison between two classes of movement. A novel and unexpected finding of the previous studies was that the investigated AR had a different effect on motor control as is found in language or music, i.e., auditory action goals: AR manipulation impaired motor control, but only temporarily. We suggest that AR that are part of the action goal (ARZ hereafter) are differently processed than AR that seem to be a mere byproduct of the action (ARN hereafter). So far, the latter sounds of action have been virtually neglected in research. Although we would not say that the sounds of our steps are part of our action goal when walking, their absence would clearly surprise us. One of the most influential contemporary action concepts suggests that we plan our actions by their anticipated sensory consequences. Are ARN, after all, part of our action goals just as ARZ? This view is challenged by findings of the previous grant where ARN yielded different behavioral effects than ARZ.The current extension grant addresses at the following questions: Are auditory reafferences that seem to be not part of the action goal in the proper sense relevant for action control? Are there principal or partial differences in the psychophysiological processing of ARN and ARZ? In the preceding project we observed, for the first time, compensatory processes, i.e. a trial-to-trial recovery of motor performance during interference by ARN manipulation. We would like to focus on the psychophysiological interactions underlying these findings. To this end, we plan to use interference by AR delay as well as AR deprivation. Our schedule comprises 3 experiments in which participants observe videos of their own actions while being provided with original (Exp. 1), delayed (Exp. 2) or no (Exp. 3) auditory soundtrack (ARN and ARZ). We record both behavioral and fMRI data. Graph theoretical analyses will enable us to consider the dynamics and quality of compensatory mechanisms in a novel way.The expected insight of the current proposal is in a theoretical extension of our concept of auditory reafferences: Do existing neurocognitive models of auditory action goals (language, music) generalize to other everyday action sounds? This issue has further implications for the scientific notion of action goal and for the relationship between conscious and unconscious parts of our action goals.
(DFG-Projekt number 194699617)