Genderkids - Geschlechteralltag in der frühkindlichen Bewegungserziehung

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Bibliographische Detailangaben
Leiter des Projekts:Gieß-Stüber, Petra; Petry, Karen Maria (Deutsche Sporthochschule Köln / Institut für Freizeitwissenschaft, Tel.: 0221 4982-2410, petry at dshs-koeln.de)
Mitarbeiter:Voss, Anja; Hoppe, Karsten
Forschungseinrichtung:Deutsche Sporthochschule Köln / Institut für Freizeitwissenschaft
Format: Projekt (SPOFOR)
Sprache:Deutsch
Projektlaufzeit:10/2002 - 09/2003
Schlagworte:
Erfassungsnummer:PR020050600317
Quelle:www.dshs-koeln.de

Zusammenfassung

Im Mittelpunkt der Studie stand die Frage, wie Kursleiter/-innen, Eltern und Kinder in spezifischen Situationen des sportlichen Miteinanders Geschlecht und Geschlechterverhältnisse vermitteln, bestätigen, zuschreiben, reproduzieren, darstellen und verwerfen. Welche Unterscheidungen liegen dem interaktionalen Handeln der Eltern, Übungsleiterinnen und Übungsleiter zugrunde und wie vermitteln, bestätigen, (re )produzieren die Beteiligten Geschlecht?
Die neuere Säuglingsforschung zeigt, dass das Kind von Geburt an aktiv mit Hilfe von Bewegungen, Gesten, Spielen und Ritualen vergesellschaftet wird. In mimetischen Prozessen nimmt das Kind die umgebende Welt auf und entwirft sie zugleich neu (vgl. Gebauer & Wulf 1998). Ist hiermit auch die aktive Selbsteinbindung in die Geschlechterordnung verbunden, können Konsequenzen auf zwei Ebenen angenommen werden:
1. Auf einer individuumsbezogenen Ebene werden Entwicklungspotentiale eingeschränkt.
2. Auf einer gesellschaftlichen Ebene werden hierarchische Geschlechterverhältnisse (re-)produziert (i.S. von Handlungssystemen und Verhältnisbestimmungen, vgl. Becker-Schmidt 1998).
Geschlecht ist jedoch für Kleinkindpädagogik, Psychomotorik und Sportwissenschaft in den ersten Lebensjahren überwiegend keine relevante Kategorie. Eine differenzierte Recherche in der Motorikforschung lässt keine systematischen, funktional relevanten Geschlechterunterschiede in der frühen Kindheit erkennen. Innerhalb der Geschlechterforschung wird mit der Analyse geschlechtsbezogener Konstruktionsprozesse systematisch erst in institutionalisierten Erziehungskontexten (Kindergarten, Schule) begonnen. Eine Analyse aller seit Mitte der 80er Jahre erschienenen deutschsprachigen Veröffentlichungen zur frühkindlichen Bewegungserziehung deckt auf, dass die Geschlechtszugehörigkeit sehr selten benannt wird. Das Gesamtbild des Forschungs- und Diskussionsstandes suggeriert "Geschlechtsneutralität" kleiner Kinder (vgl. Literaturanalyse von Janz 2002). Dieses Absehen von Geschlechterdifferenz könnte im Sinne Hirschauers als undoing gender interpretiert werden. Eine systematische Analyse jenseits sozialisationstheoretischer Unterscheidungen fehlt jedoch. Diese Lücke ist mit dem vorliegenden Forschungsprojekt geschlossen worden.
Im Rahmen des Projektes wurde eine explizit konstruktivistische Perspektive eingenommen. Das Untersuchungsdesign war sowohl quantitativ als auch qualitativ angelegt. Die Forschungsmethoden setzten sich aus schriftlichen Befragungen der Kurleiter/-innen (n=30), Eltern (n=200) sowie Interviews der Eltern, Beobachtungsstudien und Videoanalysen zusammen. Das Projekt ist Bestandteil der Arbeiten des vom Ministerium für Schule, Wissenschaft und Forschung des Landes NRW geförderten Forschungsverbundes "Geschlechterverhältnisse im Sport".