Chronische Belastungen und protektive Ressourcen im Kinderleistungssport. Pädagogische Diagnostik und Unterstützungsansätze

Gespeichert in:
Bibliographische Detailangaben
Leiter des Projekts:Richartz, Alfred (Universität Leipzig / Institut für Sportpsychologie und Sportpädagogik / Fachgebiet Sportpädagogik , Tel.: 0341 9731631, arichartz at uni-leipzig.de)
Mitarbeiter:Hoffmann, Karen (Universität Leipzig / Institut für Sportpsychologie und Sportpädagogik / Fachgebiet Sportpädagogik , Tel.: 0341 9731646 , khoff at rz.uni-leipzig.de); Sallen, Jeffrey
Forschungseinrichtung:Universität Leipzig / Institut für Sportpsychologie und Sportpädagogik / Fachgebiet Sportpädagogik
Finanzierung:Bundesinstitut für Sportwissenschaft (Aktenzeichen: 071169/04)
Format: Projekt (SPOFOR)
Sprache:Deutsch
Projektlaufzeit:03/2004 - 06/2006
Schlagworte:
Erfassungsnummer:PR020040200053
Quelle:Projektmeldung

Zusammenfassung

I Vorhabensziel:
Für den Leistungssport im Kindesalter ist die empirische Befundlage immer noch sehr unbefriedigend. Hier setzt das vorliegende Forschungsprojekt an. Es zielt einerseits auf Belastungen von Kindern im Leistungssport, dabei besonders auf die chronischen, andererseits auf personale und soziale Schutzfaktoren, die helfen, diese Belastungen abzupuffern. Die Ergebnisse des Projektes sollen zu einem besseren Verständnis chronischer Belastungen bei Kindern im Leistungssport beitragen. Das Aufzeigen typischer Belastungsbereiche und möglicher Ressourcen, die diesen Belastungen positiv entgegenwirken, soll Trainerin die Arbeit und den Umgang mit Kindern im Leistungssport erleichtern. Im Einzelnen lassen sich die Forschungsfragen folgenden vier Komplexen zuordnen:
1) Wie lassen sich die chronischen Belastungen von Kindern im Leistungssport quantitativ und qualitativ beschreiben? Lassen sich besondere Quellen chronischer Belastungen im Leistungssport ausmachen? Welche pädagogischen Konsequenzen können daraus gezogen werden?
2) Wie sind personale und soziale Ressourcen als Schutzfaktoren gegen Belastungen ausgeprägt? Lassen sich ?gut geschützte" von ?vulnerablen" Kindern unterscheiden? Welche Rollen spielen Eltern/Trainer in schwierigen Situationen, leisten sie angemessen und wirksam Unterstützung? Welche Konsequenzen lassen sich aus den Typologien von gut geschützten und vulnerablen Kindern für den Trainingsalltag ableiten?
3) Wie beschreiben Trainer das Verhalten von Talenten in Training und Wettkampf, die sich
als "vulnerabel" bzw. "gut geschützt" erweisen?
4) Welche Verhaltensstile von Trainern im Bereich der sozialen Unterstützung lassen sich finden? Wie stellen sich Trainer auf belastende Situationen und Unterstützungsbedürfnisse von Kindern im Leistungssport ein? Welche Maßnahmen zur Verbesserung dieser Kompetenzen lassen sich aus den Ergebnissen ableiten?
II Arbeitsplanung:
Das Forschungsdesign kombiniert qualitative und quantitative Teiluntersuchungen, deren Ergebnisse im Auswertungsprozess miteinander verschränkt werden (Triangulierung).
Forschungsfragen 1) und 2):
Chronische Belastungen und protektive Ressourcen wurden mit einem standardisierten Fragebogen erhoben. Die Stichprobe bezieht sich regional auf die Bundesländer Sachsen und Berlin. Berücksichtigt werden die für einen frühen Leistungssporteinstieg einschlägigen Sportarten Turnen, Schwimmen, Wasserspringen und Rhythmische Sportgymnastik (RSG). Befragt wurden die leistungsorientiert trainierenden Kinder im Alter von 7-11 Jahren (Vollerhebung). Dieser Projektteil ist im Follow-up-Design angelegt: Die Probanden wurden in den Jahren 2004 und 2005 befragt. Der eingesetzte Fragebogen besteht aus zwei Teilen. Der erste zielt auf chronische Belastungen. Chronischer Stress wird in neun allgemeinen und zwei sportspezifischen Bereichen erfasst: 1) Schulische Überforderung/Leistungsdruck, 2) Sorgen/soziale Überlastung, 3) Sozialer Druck, 4) Unzufriedenheit Schule, 5) Soziale Spannungen, 6) Soziale Isolation in der Familie, 7) Geschwister-Konflikte, 8) Soziale Isolation unter Gleichaltrigen und 9) Zeitliche Überlastung; als sportspezifische Bereiche haben sich in Vorstudien als relevant erwiesen: 1) Sportliche Überforderimg/Leistungsdruck und 2) Unzufriedenheit Training. Der zweite Teil des Instruments erhebt soziale und personale Ressourcen. Als soziale Ressource wurde das erwartete Fürsorglichkeitsverhalten für die Kinder bedeutsamer Bezugspersonen erhoben, also das der Eltern und das der Trainer. Verschiedene Facetten des Selbstkonzepts wurden als personale Ressourcen erfasst.
Forschungsfragen 1) bis 4):
Die qualitative Teiluntersuchung beinhaltet offene, teilstandardisierte und standardisierte Verfahren. Die Stichprobe wurde aus dem quantitativen Sample ausgewählt, sie besteht aus unterschiedlich belasteten Kindern und ihren Trainern. Bei den Kindern steht die Exploration von protektiver Ressourcen im Mittelpunkt. Dabei spielten das Konstrukt der Bindungssicherheit und Methoden der Bindungsforschung eine zentrale Rolle. Die Bindungsforschung thematisiert Stresssituationen, insbesondere solche, in denen eine schwächere Person auf den Rückhalt, die Unterstützung und den Schutz von Stärkeren vertraut - oder eben durch einen Mangel an solchem Vertrauen verunsichert wird. Diese Ausgangslage wird man im Leistungssport von Kindern sowohl für das Training wie den Wettkampf in vieler Hinsicht voraussetzen können. Die Bindungspersonen, die als Rückhalt in Frage kommen, sind in erster Linie die Eltern und die Trainer.
Die Kinder und ihre Trainer wurden mit einem problemzentrierten Interview befragt. Die Bindungssicherheit der Kinder wurde mit dem ?Geschichtenergänzungsverfahren zur Bin düng" (GEV-B) erhoben.
III Ergebnisverwertung:
Neben vielfältiger Veröffentlichungen der Forschungsergebnisse im wissenschaftlichen Rahmen wurden die Forschungsergebnisse auch in den Praxisalltag der Trainer im Kinderleistungssport transferiert. Für die am Projekt beteiligten Trainer wurden Ergebnisbände erstellt, welche ihnen nach Fertigstellung des eigentlichen Forschungsberichtes zugehen werden.