Soziale Netzwerke zwischen Konkurrenz und Vertrauen - eine retrospektive Betrachtung ehemaliger jugendlicher Hochleistungssportlerinnen und -sportler

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Bibliographische Detailangaben
Leiter des Projekts:Brettschneider, Wolf-Dietrich (Universität Paderborn / Fachgebiet Sportwissenschaft / Arbeitsbereich Sport und Erziehung, Tel.: 05251 603589, brett at hrz.uni-paderborn.de)
Mitarbeiter:Bona, Imke
Forschungseinrichtung:Universität Paderborn / Fachgebiet Sportwissenschaft / Arbeitsbereich Sport und Erziehung
Finanzierung:Bundesinstitut für Sportwissenschaft (Aktenzeichen: 071102/97-98)
Format: Projekt (SPOFOR)
Sprache:Deutsch
Projektlaufzeit:05/1997 - 05/1999
Schlagworte:
Erfassungsnummer:PR019980106080

Zusammenfassung

Problemstellung:
Im Zentrum des Forschungsvorhabens steht die Exploration des sozialen Umfeldes von ehemaligen Hochleistungssportlerinnen und -sportlern und zwar unmittelbar nach Abbruch ihrer Karriere. Die Netzwerk- und Unterstützungsforschung ermöglichen es, das Zusammenwirken sozialer Bezüge darzustellen und zu analysieren (GMÜR/Straus 1994). Mit Hilfe qualitativer Verfahren sollen gegenwärtig vorhandene Netzwerkstrukturen untersucht, sowie die einzelnen Beziehungen hinsichtlich ihrer Inhalte beurteilt werden. Vor dem Hintergrund der relevanten Entscheidung, die Hochleistungssportkarriere zu beenden, sollen der Übergang analysiert, die eventuellen Veränderungen identifiziert und die Qualität des Unterstützungsgeschehens erhoben werden. Der derzeitige Zustand der sozialen Netzwerke soll Ausgangspunkt sein, um auf die Qualität ehemaliger Strukturen schließen zu können. Zusätzlich müssen die entwicklungsgemäßen Veränderungen innerhalb der Adoleszenz berücksichtigt werden. Aufgrund dieser Befunde wird es möglich sein, die Ausstiegssituation bzw. Übergangsphase zu explorieren, typische Merkmale sozialer Beziehungen jugendlicher Hochleistungssportlerinnen und -sportler zu rekonstruieren sowie aus pädagogischer Sicht zu diskutieren. Diese Erkenntnisse liefern einen wesentlichen Einblick in die Lebenswelt des Hochleistungssportes.
Methodisches Vorgehen:
Der methodische Zugang erfolgt über ein qualitatives Vorgehen. Die Daten werden mit Hilfe problemzentrierter Interviews mit biographischem Zuschnitt und der Verwendung von egozentrierten Netzwerkkarten erhoben. Die Datenauswertung erfolgt über inhaltsanalytische Verfahren und der Interpretation der Netzwerkkarten.

(Zwischen)Ergebnisse

Die sozialen Umwelten der Jugendlichen werden in den Interviews detailliert rekonstruiert. Die Vielschichtigkeit und Komplexität des Lebenslaufes kreiert aus der Sportkarriere und ihrer Einbettung ins soziale Umfeld ein individuelles Webmuster. Bei den bisher durchgeführten Interviews, die natürlich keinerlei Anspruch auf Generalisierbarkeit zulassen, kann folgendes festgehalten werden: Es zeigt sich, daß bei rund 90 % aller Befragten zur sportlich aktiven Zeit der Sport die größte Bedeutung besitzt. In der nachsportlichen Zeit entwickeln die von uns untersuchten Jugendlichen vier verschiedene Orientierungsmuster (A: Sport bindet - "orientierungslos" B: Orientierung an Familie und gesellschaftlichen Erwartungen C: Orientierung an Peers und jugendtypischen Aktivitäten D: Aktive Auseinandersetzung mit neuen Lebensinhalten). Grundsätzlich bedeutet die Entscheidung, den Leistungssport aufzugeben, und die damit einhergehende soziale Rollenveränderung eine Zäsur für eine Neuorientierung, die die psychosoziale Entwicklung beeinflussen kann. Familie und Gleichaltrige gewinnen an Bedeutung. Bei den meisten vorgestellten Jugendlichen wurden vor allem die Familienbeziehungen intensiver. Obwohl alle Eltern die leistungssportliche Karriere befürworteten und teilweise engagiert unterstützten, akzeptieren sie die Entscheidung ihrer Kinder. Nicht die Erwachsenenwelt in ihrer Gesamtheit, sondern die Familie bietet soziale Unterstützung. Der Umgang mit vertrauten Erwachsenen verspricht kontinuierliche Sicherheit und die Möglichkeit, lebensorientierende Fragen zu beantworten. Die Suche nach engen und stabilen Beziehungen (wie Familie oder Freundschaften) zeigt die existentielle Verunsicherung und gleichzeitig die Strategie ihrer Bewältigung.