Metaanalyse des Doping

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Bibliographische Detailangaben
Leiter des Projekts:Müller, Rudhard Klaus (Universität Leipzig / Medizinische Fakultät / Rechtsmedizin, Tel.: 0341 9715132, muerk at server3.medizin.uni-leipzig.de)
Forschungseinrichtung:Universität Leipzig / Medizinische Fakultät / Rechtsmedizin
Finanzierung:Bundesinstitut für Sportwissenschaft (Aktenzeichen: 080801/96-97)
Format: Projekt (SPOFOR)
Sprache:Deutsch
Projektlaufzeit:01/1996 - 12/1998
Schlagworte:
Erfassungsnummer:PR019980106029

Zusammenfassung

Die Zahl der Arzneimittelwirkstoffe wird wegen der international außerordentlich verschärften Zulassungsvoraussetzung nicht ständig stark und unkontrollierbar ansteigen.
Daher ist es Ziel, eine möglichst vollständige Liste von Dopingstoffen aufzustellen, um die Dopingdefinition auf diese neue erweiterte Basis zu bringen.
Das vermindert die Unsicherheiten bei Gutwilligen, welche Wirkstoffe dem Dopingverbot unterliegen.
Das Vorhaben hilft die Diskussionen beim Nachweis bisher nicht explizit genannter Stoffe und erkennbarer Dopingabsicht vermeiden.
Forschungsdefizit: Die IOC-Dopingdefinition führt Wirkstoffe nur als Beispiele auf.
Forschungshypothese: Die Einhaltung des Dopingverbots würde durch eine weitgehend vollständige Liste verbotener Substanzen unterstützt.
Forschungsziele: Aufstellung eines Diskussionsentwurfs einer solchen Liste als Selektion aus allen bekannten Arzneimittelwirkstoffen (ca. 11000).

(Zwischen)Ergebnisse

Erfolgt ist die Primärdurchsicht von über 11 000 Arzneimittelwirkstoffen: auf ihre Zugehörigkeit zu einer der Klassen des IOC-Dopingverbots auf ihre eventuelle (erhoffte) Eignung zur "Unterwanderung" des Dopingverbots (Grauzonendoping). Begonnen wurde mit der Zuordnung der mehreren tausend primär selektierten Verbindungen zu den Klassen. Nachtrag aus BISp-Jahrbuch 1998: Die in entsprechenden Registern erfaßten ca. 11 000 definierten Arzneimittelwirkstoffe aller Indikationsgebiete (das sind praktisch alle weltweit existierenden) wurden durchgesehen und in der ersten Phase alle diejenigen (etwa 3000) selektiert, bei denen eine Assoziation zu den verbotenen Wirkstoffgruppen möglich schien. In der zweiten Phase werden diese Stoffe den verschiedenen verbotenen Wirkstoffgruppen und den bereits in der IOC-Definition explizit aufgeführten "Kernbeispielen" zugeordnet und kategorisiert nach dem Grad ihrer Verwandtschaft in sicher und fraglich zur Dopingdefinition zugehörige Substanzen. Die zunächst erfaßten etwa 3 000 Wirkstoffe werden auf einige Hundert reduziert, da zunächst nur eine Liste unstreitig dem Verbot unterliegender Stoffe vorgelegt werden soll. Diese muß mit verantwortlichen Gremien - vor allem der Medizinischen Kommission des IOC und der Working Group on Science zur Antidopingkonvention des Europarates - diskutiert werden. Bei Konsens könnte eine Übernahme in die offizielle Definition erfolgen. Die fraglich zugehörigen Verbindungen werden zunächst nach pharmakologisch/toxikologischen Kriterien diskutiert und könnten schließlich entweder ausdrücklich ein- oder ausgeschlossen werden. Jedenfalls wären sie insgesamt auch ein "Verdachtsfeld" möglichen Mißbrauchs und damit auch eine Orientierung für die Dopinganalytik. Diese Kategorisierung potentieller Dopingstoffe bereitet wenig Schwierigkeiten bei den Gruppen Narkotika, Anabolika, Diuretika, Peptidhormone. Sehr schwierig ist dagegen die Abgrenzung der mit dem Verbot gemeinten Stimulantien von hierfür irrelevanten Arzneistoffen (und illegalen Drogen), da ganz unterschiedliche Indikationsgruppen anregende Wirkungen unterschiedlicher Qualität (z. B. zentral-, Kreislauf- oder atem-analeptisch, psychisch stimulierend etc.) aufweisen. Argumente gegen unvollständige Dopinglisten (die unzutreffenderweise in der Öffentlichkeit oft vorausgesetzt werden) sind vor allem hinsichtlich des zu erwartenden außerordentlichen Umfangs dieser Listen zu befürchten, obwohl doch die weitaus meisten Arzneimittel für Sportler erlaubt sind und die Vervollständigung der Beispiellisten eigentlich nur eine Konkretisierung und keine Erweiterung des Verbots darstellt; letztere liegt ja auch bisher bereits in dem Zusatz "... und verwandte Verbindungen", der eben nur keine eindeutige Abgrenzung darstellt. Die frühere Argumentation, durch vollständige Listen würden Handlungsanleitungen zum Doping gegeben und das Verbot neu hinzukommender Stoffe behindert, sind anachronistisch bzw. unzutreffend (Müller 1998 a, b, c,).