Todesfälle im Sport

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Bibliographische Detailangaben
Leiter des Projekts:Parzeller, Markus (Praxis Dr. Markus Parzeller, Tel.: 06104 971991)
Mitarbeiter:Raschka, Christoph; Kunert, Sabine
Forschungseinrichtung:Praxis Dr. Markus Parzeller
Finanzierung:Eigenfinanzierung
Format: Projekt (SPOFOR)
Sprache:Deutsch
Projektlaufzeit:01/1992 -
Schlagworte:
Tod
Erfassungsnummer:PR019960105189

Zusammenfassung

Über den Zeitraum von 14 Jahren (1981-1994) wurden plötzliche und unerwartete Todesfälle von Vereinssportlern aus 8 Bundesländern (Baden-Württemberg, Hamburg, Hessen, Niedersachsen, Mecklenburg-Vorpommern, Nordrhein-Westfalen, Saarland, Schleswig-Holstein) untersucht. Untersuchungsmaterial der retrospektiven Mortalitätsstudie waren unter anderem die Versichungsdokumentationen der ARAG-Sportversicherung, Notarztprotokolle und Autopsieberichte.

(Zwischen)Ergebnisse

Insgesamt wurden für den genannten Zeitraum 2052 Todesfälle dokumentiert und ausgewertet. Die meisten Todesfälle (n = 1951) betrafen männliche Sportler, während der Anteil der Frauen bei unter 5 % lag. Dem steht entgegen, daß Frauen in unserem Studienkollektiv, den untersuchten Landessportverbänden, fast 40 % der Vereinsmitglieder stellen. Die am häufigsten betroffenen Vereinssportarten waren Fußball (gesamt = 628; kardiovaskuläre Ursache = 421), Tennis (gesamt = 151; kardiovaskulär = 135), Radsport (n = 124); kardiovaskulär = 40), Turnen (n = 118; kardiovaskulär = 91), Handball (n = 97; kardiovaskulär = 62) und Tischtennis (n = 86; kardiovaskulär = 72). Die Sportvereine dieser Sportarten verfügen jedoch auch über große Mitgliederzahlen, wie z.B. der Fußballbund als mitgliederstärkste Sportorganisation Deutschlands. Die häufigsten Ursachen für einen plötzlichen Tod während oder kurz nach der Sportausübung waren kardiovaskuläre Ereignisse (60.1%). Grunderkrankungen für den plötzlichen Tod kardiovaskulärer Genese waren in 61 % die koronare Herzerkrankung, in 6 % zerebrale Blutungen und in 2 % eine Myokarditis. Die restlichen Prozent der kardiovaskulären Todesursachen entfielen auf Kardiomyopathien, angeborene und erworbene Herzfehler, Anomalien der Koronarien sowie Herzreizleitungsstörungen und 22 % der kordiovaskulären Fälle wurden dieser Ursachengruppe ohne konkrete Spezifizierung der Grunderkrankung aufgrund von Zeugenbeschreibungen, der Krankengeschichte des Sportlers sowie prodromaler Warnhinweise zugeordnet. Bei fast 20 % (n = 398) aller Fälle lagen traumatische bzw. bei 421 Sportlern andere Ursachen vor. Somit läßt sich konstatieren, daß ein kardiovaskuläres Ereignis vor allem auf der Grundlage einer koronaren Herzerkrankung die Haupttodesursache der untersuchten Vereinssportler war. Um Aussagen über die allgemeine sowie die kardiale Risikoträchtigkeit des Sports treffen zu können, sind jedoch spezifische Inzidenzberechnungen erforderlich. Diese Berechnungen gestatten dann im Vergleich mit anderen Studienkollektiven Aussagen über das Risiko eines plötzlichen Todes. Vorliegend wurde die Inzidenz für 1993 berechnet, da in diesem Jahr durch die Wiedervereinigung auf das umfangreiche Datenmaterial zurückgegriffen werden konnte. 1993 ereigneten sich in den 8 untersuchten Bundesländern 148 sportbedingte Todesfälle bei Vereinsssportlern. Im gleichen Jahr lebten in den betreffenden Bundesländern nach Angaben des statistischen Bundesamtes 48.9 Millionen Einwohner. Die jährliche Inzidenz, als Bürger eines dieser Staaten beim Vereinssport ums Leben zu kommen, ist somit kleiner als 1 pro 300.000. Wenn man der Inzidenzberechnung die Anzahl der Vereinsmitglieder von 14.3 Millionen für das Jahr 1993 zugrunde legt, errechnet sich eine Wahrscheinlichkeit von einem Todesfall gleich welcher Ursache für 1 von 100.000 männlichen oder weiblichen Vereinssportlern. Das kardiovaskuläre Risiko für einen männlichen Vereinssportler beträgt ca. 1 pro 100.000. Bei einer geschlechtsspezifischen Aufsplittung tritt ein um den Faktor 7 erhöhtes kardiovaskuläres und traumatisches Todesrisiko beim männlichen Sportler zutage. Zusammenfassend läßt sich jedoch feststellen, daß das Risiko für einen Vereinssportler, beim Sport plötzlich zu versterben, gering ist. Die in unserer Studie über den Untersuchungszeitraum von 14 Jahren dokumentierten kardiovaskulären Todesfälle gestatten durch die Fallzahl von n = 1233 detaillierte, epidemiologische Aussagen zu deren alters- und geschlechtsspezifischen Zusammenhängen. So kommt es ab dem 36. Lebensjahr zu einem Anstieg der Rate plötzlicher Todesfälle. Ein 55 jähriger männlicher Sportler hat gegenüber einem 18-jährigen ein über 4fach erhöhtes Risiko eines plötzlichen kardiovaskulär bedingten Todes, bei den weiblichen Sportlern resultierte ein über 3fach erhöhtes Risiko für die entsprechenden Altersgruppen. Der Berechnung dieser Faktoren wurden neben der als Indikator für aktive oder passive Sportvereinsmitgliedschaft zugrunde gelegt. Demzufolge empfiehlt sich trotz der niedrigen Inzidenz eine sportmedizinische Untersuchung für den aktiven Vereinssportler ab 35. Diese Untersuchung sollte neben der persönlichen und familiären Risikoevaluierung, eine körperliche Untersuchung, Blutdruckmessungen sowie ein Ruhe- und Belastungs-EKG beinhalten.