Pädagogische Fallstudien zur Talentförderung in den neuen Bundesländern am Beispiel des Sportgymnasiums in Erfurt/Thüringen

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Bibliographische Detailangaben
Leiter des Projekts:Prohl, Robert (Universität Erfurt / Institut für Sport- und Bewegungswissenschaften, Tel.: 0361 7371069)
Mitarbeiter:Elflein, Peter; Langhammer, Uwe
Forschungseinrichtung:Universität Erfurt / Institut für Sport- und Bewegungswissenschaften
Finanzierung:Bundesinstitut für Sportwissenschaft (Aktenzeichen: 070207/93)
Format: Projekt (SPOFOR)
Sprache:Deutsch
Projektlaufzeit:04/1993 - 06/1995
Schlagworte:
Erfassungsnummer:PR019950104768

Zusammenfassung

Es besteht ein Defizit pädagogischer Reflexion und Betreuung der leistungssportlichen Talentförderung. Angesichts der krisenhaft verlaufenden Vereinigung des deutschen Sports wirkt sich jenes Defizit besonders gravierend aus, wobei die schulischen Nachfolgeeinrichtungen der ehemaligen Kinder- und Jugendsportschulen (KJS) einen Brennpunkt darstellen. Das analytische Interesse der Untersuchung richtet sich auf die Frage, wie sich der Wandel von einer zentralkritisch geführten KJS zu einer Fördereinrichtung unter der Ägide eines demokratisch-pluralistischen Systems in der Lebenswelt der Betroffenen vollzogen hat. Den Fallstudien unterliegt eine bildungstheoretische sportpädagogische Position. Der Zugang zum empirischen Feld wurde über Interviews mit acht Schülern des Sportgymnasiums in Erfurt/Thüringen gesucht. Ferner wurden vier Absolventen der ehemaligen KJS befragt. Es ist das Ziel des Forschungsprojektes, pädagogische und bildungspolitische Konsequenzen abzuleiten, die den Bildungsauftrag des Sportgymnasiums definieren.

(Zwischen)Ergebnisse

Aus den Interviews geht klar hervor, daß die Umstrukturierung der Sportschule nach der Wende von allen Befragten als eine Krise in der leistungssportlichen Laufbahn erlebt worden ist. Dabei hat sich die Fähigkeit zur selbstbestimmten Zentralisierung der Lebensführung auf den Leistungssport als entscheidende talentbewahrende Ressource erwiesen. Für die besondere Situation der schulischen Talentförderung in den neuen Bundesländern bedeutet dies, daß die an der KJS dominierende Ressource des "Systemvertrauens" am Sportgymnasium durch die Ressource "Fähigkeit zur Selbstkompetenz" abgelöst worden ist. Während sich die KJS im Spiegel der Interviews als geradezu perfekte Förderungsinstitution darstellt, erscheint das Sportgymnasium eher als Selektionsinstitution. Eine nachfolgende Befragung von vier Absolventen der KJS zeigte jedoch sehr deutlich, daß weder die Strukturen, noch die Praxis der KJS auf den Erziehungsauftrag einer Spezialschule für Sport in einem pluralistisch-demokratischen System übertragbar sind. Vor allem die politisch-affirmative Rolle der KJS gegenüber den überzogenen Förderungen des Leistungssports muß sich im Rahmen der sportbetonten Schulen in eine kritisch-konstruktive Position wandeln. Einige pädagogische Konsequenzen für den Sportunterricht in Praxis und Theorie werden aufgezeigt.