Wer Spitzenforschung will, muss auch an die Postdocs denken

Gespeichert in:
Bibliographische Detailangaben
Autor:Thiel, Ansgar
Erschienen in:Ze-phir
Veröffentlicht:21 (2014), 2 (Postdoc, quo vadis?), S. 28-30
Format: Literatur (SPOLIT)
Publikationstyp: Zeitschriftenartikel
Medienart: Elektronische Ressource (online) Gedruckte Ressource
Sprache:Deutsch
ISSN:1438-4132, 1617-4895
Schlagworte:
Online Zugang:
Erfassungsnummer:PU201508006075
Quelle:BISp

Abstract

„Postdocs sind die vergessenen Kinder deutscher Universitäten.“ Diese Aussage ist durchaus berechtigt, denn die Situation von Postdocs in Deutschland ist alles andere als befriedigend. Dass die Situation für Wissenschaftler(innen) nach der Promotion in Deutschland so schwierig ist, liegt zunächst einmal daran, dass die Investitionen der Politik in Hochschulen nicht dem gestiegenen Finanzbedarf der Universitäten entsprechen. Analysen zur Investition öffentlicher Gelder in die Hochschulbildung zeigen regelmäßig, dass die Entwicklungsstrategie der Bundesrepublik Deutschland bei den relativen Ausgaben für Universitäten sowohl gemessen am Bruttoinlandsprodukt (BIP) als auch an den Staatsausgaben in beiden Fällen international nicht konkurrenzfähig ist. Während Industrieländer der OECD im Schnitt 1,6 Prozent ihres Bruttoinlandsprodukts für Hochschulbildung ausgeben, sind es in Deutschland nur 1,3 Prozent. Die prekäre Finanzsituation an deutschen Universitäten betrifft auch die deutsche Sportwissenschaft, die im Vergleich zu vielen anderen Fächern ohnehin schon ein sehr ungünstiges Verhältnis von Studierendenzahlen zu Dauerbeschäftigten und Professuren aufweist. Neben den finanziellen Engpässen wirkt sich paradoxer Weise ein Faktor besonders hinderlich auf die Karrierechancen von Postdocs aus, der eigentlich der Förderung des wissenschaftlichen Fortschritts dienen sollte: die zunehmende Verlagerung der Finanzierung von Forschungspersonal auf Drittmittelressourcen. Drittmitteleinwerbungen sind heute ein wichtiges Kriterium der Evaluierung der wissenschaftlichen Arbeit von Professuren und Universitäten. In diesem Zusammenhang spielte nicht zuletzt die Exzellenzinitiative für Hochschulen eine katalysierende Rolle. Die Exzellenzinitiative führte zu einer drastischen Vermehrung der pro Professur eingeworbenen Drittmittel in fast jedem universitären Fach, auch in der Sportwissenschaft. In solchen Forschungsprojekten erledigen wissenschaftliche Mitarbeiter(innen) die Hauptarbeit, und idealerweise sollte das Forschungsprojekt nach Abschluss zum Doktortitel führen. Statistiken zeigen auch ganz deutlich, dass die Anzahl der erfolgreich absolvierten Promotionen in den letzten Jahrzehnten in fast allen Fächern, auch in der Sportwissenschaft, erheblich zugenommen hat. Gleichermaßen zeigen Statistiken aber auch, dass sich im gleichen Zeitraum die relative Anzahl an Professuren und Dauerstellen im Mittelbau nur wenig erhöht, teilweise sogar verringert hat. Das heißt: Es gibt mehr Konkurrenz um weniger Positionen für Promovierte. Dieses Phänomen ist heute in so gut wie allen Fächern weltweit beobachtbar. So ist die Zahl an Promovierten ständig gestiegen, während der relative Anteil an unbefristeten Positionen an Hochschulen zurückgegangen ist. Entsprechend sind die Karrierechancen an Hochschulen nach der Promotion schlechter denn je. Leider sieht es in Deutschland derzeit nicht danach aus, dass an Universitäten die Anzahl an Professuren oder an Dauerstellen im Mittelbau in näherer Zukunft deutlich steigen wird. Vor diesem Hintergrund sollten sich Wissenschaftler(innen) bereits in der Phase der Promotion gut überlegen, was für und was gegen eine wissenschaftliche Karriere spricht. Von einer Pdstdoc-Karriere im Wissenschaftssystem sollte dann eher abgesehen werden, wenn der/die Kandidat(in) die heute gängigen Evaluationskriterien für Wissenschaftler(innen) nur in geringem Maße erfüllt bzw. wenn der/die jeweilige Betreuer(in) nicht Wert darauf legt, dass der/die Doktorand(in) diese Kriterien erfüllt: Publikationen in internationalen, gereviewten Journalen. Erstautorenschaften, Herausbildung eines eigenen Forschungsprofils, Erfahrungen in der Hochschullehre und in der Selbstverwaltung. In den meisten Teildisziplinen der Sportwissenschaft zählt dazu auch die erfolgreiche Drittmittelakquise. Schiffer (unter Verwendung wörtlicher Textpassagen)