Problematische Situationen im Kontext universitärer Lehrveranstaltungen – Perspektiven einer Elementaren Hochschuldidaktik: Bericht über den 3. Hochschuldidaktischen Workshop der dvs-Kommission „Wissenschaftlicher Nachwuchs“ vom 30. Mai-2. Juni 1996 in Westerland auf Sylt

Gespeichert in:
Bibliographische Detailangaben
Autor:Hunger, Ina
Erschienen in:Ze-phir
Veröffentlicht:3 (1996), 2 (Nachwuchsumfrage), S. 36-40
Format: Literatur (SPOLIT)
Publikationstyp: Zeitschriftenartikel
Medienart: Gedruckte Ressource Elektronische Ressource (online)
Sprache:Deutsch
ISSN:1438-4132, 1617-4895
Schlagworte:
Online Zugang:
Erfassungsnummer:PU201012009455
Quelle:BISp

Abstract

Lehrer/innen sind im Kontext unterrichtlichen Handelns mit zahlreichen Problemen konfrontiert. Unmotivierte Schüler, Disziplinschwierigkeiten bis hin zu offenen Aggressionen, unterschiedliche Voraussetzungen bei den Kindern und Jugendlichen etc. verhindern oftmals einen reibungslosen Ablauf des Unterrichtsgeschehens und führen zu unvorhergesehenen Konflikten im alltäglichen Schulbetrieb. Derartige Unterrichtsprobleme scheinen bei Lehrveranstaltungen an Hochschulen kaum aufzutreten. Die Studierenden haben sich meist aus persönlichem Interesse für das entsprechende Studienfach entschieden. Aufgrund ihres Alters kann davon ausgegangen werden, dass weder ungezügelter Bewegungsdrang noch aggressive Impulse den Unterrichtsablauf behindern. Zudem sichern universitäre Zulassungsbeschränkungen innerhalb bestimmter Grenzen gleichwertige Lernvoraussetzungen. Haben Unterrichtsprobleme an Hochschulen demnach eine andere Qualität? Mit dieser Frage beschäftigte sich vom 30. Mai bis 2. Juni 1996 eine kleine Gruppe sportwissenschaftlicher „Nachwuchskräfte“ in Westerland auf Sylt. Die Intention dieses Workshops bestand darin, sich ohne einengende Bindung an zeitliche Vorgaben über einige im eigenen alltäglichen Lehrbetrieb aufgetretene „Störungen“ auszutauschen und zu beraten. Es wurde deutlich, dass problematische Situationen im Kontext universitärer Lehrveranstaltungen insbesondere durch unterschiedliche Erwartungshaltungen der am Unterricht beteiligten Personen gekennzeichnet sind. Die Diskrepanzen beziehen sich auf abweichende Ansprüche hinsichtlich der Lehrziele, der gestellten Leistungsanforderungen, der Interaktionsformen im Unterricht oder der Rolle der Teilnehmer und basieren nicht zuletzt auf dem Selbstverständnis der einzelnen Akteure im System der Hochschule. Auch wenn der Lehrende aufgrund seiner institutionell vorgegebenen, dominierenden Position Unterrichtsziele und unterrichtliche Prozesse definieren kann, so darf diese Tatsache nicht darüber hinwegtäuschen, dass die am Unterricht beteiligten Personen ganz unterschiedliche Situationsinterpretationen vornehmen und dadurch Missverständnisse und Konflikte auftreten können. Verstehen sich Hochschullehrer über ihre Funktion als Wissensvermittler hinaus zudem als Erwachsenenbildner, so kommen sie nicht umhin, dem Selbst- und Wirklichkeitsverständnis der Studierenden besondere Aufmerksamkeit zu schenken, dieses mitzuberücksichtigen bzw. daran anknüpfen. Nur so kann es gelingen, die Perspektive der Studierenden zu verändern und weiterzuentwickeln. Deutlich wurde auch, dass fehlende Supervision durch Kollegen/Kolleginnen und mangelnde Rückmeldungen von Seiten der Studierenden oftmals dazu verleiten, einen störungsfreien Unterrichtsablauf als unproblematische Lehrveranstaltung einzuordnen. Unterricht an Hochschulen zeigt sich oft erst im Rückblick als „problembeladen“, wenn die abschließende Analyse oder selbstkritische Reflexion eines Seminars eine Diskrepanz zwischen Anspruch und Wirklichkeit zu Tage fördert. Die didaktische Aufmerksamkeit sollte deshalb nicht nur auf die zukünftigen Handlungsfelder der Studierenden gerichtet sein, sondern ebenso auf das eigene Handeln in der Lehre. Hochschuldidaktische Fortbildungen können hier einen wichtigen Anstoß für die Sensibilisierung des eigenen Tuns leisten. Schiffer (unter Verwendung wörtlicher Textpassagen)